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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Juli 2004, Seite 22

Rosa-Luxemburg-Tage

Teil der Lösung sein

An Pfingsten nutzten 700—800 Teilnehmende die Chance, um in Berlin im Rahmen der »Rosa-Luxemburg- Tage« (Linksruck) bzw. der »Sozialismustage« (SAV) über antikapitalistische Politik zu diskutieren. Zahlreiche Redner aus den Bewegungen, aus Gewerkschaften und radikalen Parteien sprachen auf den zentralen Podien zur »Wahlalternative« (WASG, siehe S.10), zum Krieg, zum Kopftuchverbot oder zum SPD-PDS-Senat in Berlin. In Workshops wurden jeweils grundlegende Fragen sozialistischer Politik, wie die nach einer Alternative zur kapitalistischen Ökonomie, diskutiert.
Insbesondere die RL-Tage wurden von einem kämpferischen Optimismus, Ernsthaftigkeit und politischer Offenheit gegenüber anderen Strömungen der antikapitalistischen Linken getragen. Die Suche nach politikfähigen, nichtsektiererischen Antworten auf die neue politische Periode bestimmte hier den Geist der Diskussion.
Bei den Sozialismustagen war das Klima stärker von der Auseinandersetzung und der Kritik der SAV an den anderen politischen Akteuren geprägt, selbst wenn diese sich selbst zur radikalen Linken zählen.
Lars Steinau von der französischen LCR, der auf beiden Veranstaltungen sprach, meinte zu dieser alten Krankheit der trotzkistischen Linken: »Sektierertum können wir uns nicht mehr leisten. Heute ist der Dialog und nicht die Konfrontation untereinander notwendig. Keine Organisation kann heute sagen, sie hat das richtige Programm und die richtige Politik, alle haben nur Teilantworten.« Heute sei es möglich, eine politische Alternative auf Wahlebene aufzubauen, bei der die revolutionäre Linke integraler Bestandteil ist. Das Wählerpotenzial werde jedoch nur über langfristige Arbeit, Aufstände von Teilen der Arbeiterklasse und das Aufzeigen einer Kampfperspektive durch Revolutionäre aufgebaut. So jedenfalls seine Bilanz der Erfahrungen in den vergangenen zwei Jahren in Frankreich. »Wir müssen die Herausforderung annehmen, die uns die schärfere Gangart im Klassenkampf abverlangt. Es gilt, jetzt zu handeln und radikale Forderungen zu popularisieren«, sagte er unter dem Applaus der über 200 Zuhörer bei den RL-Tagen.
Chris Nineham von der SWP aus Großbritannien betonte hinsichtlich der Wahlalternative RESPECT, dass dies ein langfristiges Projekt sei und nicht sofort spektakuläre Erfolge zu erzielen seien. Auch die globalisierungskritische Bewegung verlaufe nicht geradlinig, Rückgänge seien möglich. Da die soziale Konfrontation anhalte und der Vertrauensverlust in die traditionellen Parteien anhaltend sei, »sind wir es, die dafür sorgen müssen, dass wir diesmal gewinnen«.
Ähnlich sah dies Bernd Riexinger von Verdi Stuttgart auf dem Eröffnungspodium, der die Herbstkampagne ankündigte: »Die Demonstration am 3. April mit einer halben Million war großartig. Wir dürfen jetzt keine Sommerpause einlegen. Wir brauchen eine Kampagne mit sozialen Forderungen, für die wir inner- und außerhalb der Gewerkschaften werben. Im Herbst müssen wir wieder auf der Straße sein.«
Uwe Hiksch von der WASG betonte auf dem Podium »Brauchen wir eine neue Linkspartei« die Offenheit der WASG für radikale Positionen. Eine Partei hätte nur dann Sinn, wenn sie die Forderungen der Bewegung aufnehme. Die Radikalität der Bewegung müsse auch im Parlament spürbar sein. Da er zwischen 1994 und 2002 selbst Bundestagsabgeordneter gewesen sei, wisse er sehr gut, wie groß die Integrationskraft des Parlamentarismus sei. Daher sei es unabdingbar, dass die neue Wahlformation grundlegend demokratisch und pluralistisch sei. Eine neue politische Kraft könne daher keine Partei alten Stils sein: »90% der Arbeit ist der Aufbau außerparlamentarischer Bewegung, 10% das Erheben der Stimme der Bewegung im Parlament.«
Gleichzeitig plädierte er für ein linkskeynesianisches Programm, dass seiner Ansicht nach offen für Radikalisierungen sei. Denn auch über Alternativen zum Kapitalismus müsse im Rahmen der WASG diskutiert werden. Um die Einheit der WASG nicht zu gefährden, »sollten die Marxisten sich mit ihrer Kritik am Anfang jedoch zurückhalten, um das Gemeinsame und nicht das Trennende in den Vordergrund zu rücken.« Wie auch immer das konkrete Vorgehen der marxistischen Linken sein wird, die auf beiden Konferenzen diskutierte Politik unterstrich den Trend der letzten zwölf Monate, nämlich dass die revolutionäre Linke in der Bewegung und in der Linken an Einfluss gewonnen hat. Daran gilt es anzuknüpfen: Gemeinsam.

Sascha Kimpel

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