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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, August 2004, Seite

Nichts Neues unter der Sonne?

Kolumne von Jakob Moneta

»Die Konjunktur hatte sich schließlich als Seifenblase erwiesen. Das Arbeitslosenheer wuchs gewaltig … Die Bourgeoisie nutzte die Krise und Massenarbeitslosigkeit zu einer umfassenden Kapitaloffensive: Verlängerung der Arbeitszeit, Abbau der Tariflöhne, Durchlöcherung der Tarifverträge, Massenentlassungen. Die Regierung ihrerseits senkte Löhne und Gehälter im öffentlichen Dienst, erhöhte die Massensteuern, baute die Arbeitslosenunterstützung radikal ab. Große Teile des kleinbürgerlichen Mittelstands wurden durch die Konzentration auch im Handel proletarisiert.«
Das ist kein Bericht über die heutigen Rezepte zur Bewältigung der Massenarbeitslosigkeit, sondern über die zu Ende der 30er Jahre, mit einigen Unterschieden allerdings. Damals kam noch niemand auf die Idee, Feiertage zu streichen. Urlaubstage konnte man nicht abschaffen, weil es sie nicht gab. Aber ebenso wie heute war die überwiegende Mehrheit der veröffentlichten Meinung auf der Seite des Kapitals und gegen die von materiellen Opfern Betroffenen.
Aber welche Unterschiede gab es? Damals wurde die Regierung von Heinrich Brüning vom Zentrum geführt, sie wurde von der SPD toleriert. Heute steht ein Sozialdemokrat an der Spitze der SPD, deren Mitglieder gegen ihn revoltieren und deren Wähler massenhaft davonlaufen. Damals standen die Gewerkschaften größtenteils in unverbrüchlicher Treue hinter der SPD. Heute können wir der Gewerkschaftsführung (mit Schiller) sagen: »Du rettest den Freund nicht mehr, so rette das eigene Leben.« Sonst könnten Gewerkschaftsmitglieder ebenso massenhaft desertieren, wie es SPD-Mitglieder (und SPD-Wähler) tun.
Damals konnte man nicht mit der Keule drohen, die Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern, wenn man nicht bereit sei, auf Sozialrechte zu verzichten, um im Konkurrenzkrieg den nationalen Sieg davonzutragen. Die Krise war weltweit ausgebrochen. Heute steigt der Export, ohne dass hierdurch die Arbeitslosigkeit verringert wird. Die Produktivität wächst, weil Menschen durch Maschinen ersetzt werden. Die Aktienkurse, die damals zusammenbrachen, sind heute der Maßstab für Erfolg im nationalen Wettbewerbskrieg.
Fragt sich nur, ob heute nicht das damals Versäumte verwirklicht werden muss, wenn wir nicht eine neue Katastrophe heraufbeschwören wollen: Die Enteignung des Großkapitals und demokratische Selbstverwaltung in allen wirtschaftlichen Bereichen.

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