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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, August 2004, Seite 6

Keine Ausnahme mehr

40 Wochenstunden +…

Vom Tarifvertrag abweichende längere Arbeitszeiten oder Lohneinbußen gibt es seit langem. Sie werden von Unternehmern und Gewerkschaften einträchtig als die »Flexibilisierung« gelobt, die die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Unternehmen auf dem Weltmarkt sichere.

Was die Gewerkschaften heute als »Unterbietungswettlauf« (Berthold Huber, IGM) geißelt, haben sie vor wenigen Jahren noch als »betriebliche Bündnisse für Arbeit« gelobt. Jetzt fällt ihnen das Ausweichen vor einer umfassenden Auseinandersetzung um die Arbeitszeiten auf die Füße. Die vielen kleinen Löcher im Schweizer Käse des Flächentarifs gehen nun auf in dem großen Loch, das die Schwergewichte in der Automobilindustrie und die weltmarktorientierten mittelständischen Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie reißen.
Mehr als die Hälfte der baden-württembergischen Maschinenbauer hat die Tarifgemeinschaft in den letzten Jahren verlassen. Die heutigen und früheren Arbeitgeberpräsidenten Stihl, Hundt und Rogowski sind Vorreiter darin, die tariflichen und betrieblichen Möglichkeiten der Flexibilisierung bis an den Anschlag auszureizen.

Opel (Autobau): Die Herstellung des Zafira soll nach Polen verlagert werden. In Verhandlungen über einen »Zukunftsvertrag« verlangt die Konzerleitung eine zweistellige Kostensenkung.

Bosch (Autozulieferer): Verlangt Einsparungen von 17,5 Millionen Euro, sonst geht die Herstellung des Dieselpartikelfilters nach Tschechien, Ungarn oder China.

Bosch Vénissieux/Frankreich (Diesel-Einspritzmotoren): Anhebung der Wochenarbeitszeit auf 36 Stunden, abgesehen von sonstigen Überstunden. In Frankreich ist die 35-Stunden-Woche Gesetz.

VW (Autobau): Personalvorstand Peter Hartz will bis 2011 die Personalkosten im Konzern um 30% senken. Bis zu einem Drittel der Löhne sollen an das Betriebsergebnis gekoppelt werden. Damit sollen die schweren Markteinbußen in China (—16%) aufgefangen werden.
Rege (Motorenteile): Das Werk in Herzogenaurach soll geschlossen, die Produktion nach Eisenach verlagert werden.

Maxdata (Computer): Seit Anfang des Jahres von 38,5 auf 41 Wochenstunden. Ohne Lohnausgleich, zwei Urlaubstage weniger.

BSH Bosch Siemens (Hausgeräte): Droht im März 2004, in die Türkei zu gehen. Die Belegschaft verzichtet auf übertarifliche Leistungen. 40-Stunden-Woche. Einsparungen: 10 Millionen Euro. 450 Arbeitsplätze würden dadurch erhalten.

AEG Hausgeräte: 40-Stunden-Woche, 15% Kosteneinsparung.

Viessmann (Heiztechnik): 40-Stunden-Woche

Weru (Fenster): Es laufen Verhandlungen über ein »Sparpaket« von 13 Millionen Euro. Weil die Lohnkosten im Stammwerk Rudersberg (Baden-Württemberg) 30% über denen in Thüringen (Triptis) liegen, fodert der Vorstand nach dem Beispiel von Siemens: die 40- Stunden-Woche ohne Lohnausgleich, die erfolgsabhängige Zahlung von Weihnachts- und Urlaubsgeld, den Abbau übertariflicher Sozialleistungen, weitere Flexibilisierung von Arbeitszeiten, Stellenabbau.

Stihl (Motorsägen): Projektbezogen 18% der Belegschaft auf tariflich bezahlte 40-Stunden-Woche. Samstagsarbeit ohne Zuschläge. Garantiert 90% der Stammbelegschaft Weiterbeschäftigung bis 2007 und jährlich 60 Ausbildungsplätze.

Allgaier (Hundt): Standortsicherungsvertrag seit 1996.

MAN (u.a. Druckmaschinen): fordert 40-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich, plus 200 Stellenstreichungen.

Pfaff (Nähmaschinen): Beschäftigungsgarantie für zwölf Monate, 40-Stunden-Woche und Verzicht über Arbeitszeitkonten, Verzicht auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Dafür bekommen weniger Beschäftigte die Kündigung.

Thomas Cook (Reisekonzern): Personalkosten sollen um 25% gesenkt werden; 40-Stunden-Woche, Lohnkürzung um 3%, Einbußen beim 13.Monatsgehalt. Die Flugtochter Condor fordert: »30% mehr fliegen, 15% weniger Geld.«

Auch im öffentlichen Bereich geht die Arbeitszeitverlängerung um.

Baugewerbe: Bietet 42-Stunden-Woche gegen Beschäftigungsgarantie.

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