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Mit seinem Ergebnis bei den Wahlen zum Europäischen Parlament und bei den englischen Kommunalwahlen im Juni
konnte das linke Bündnis RESPECT (siehe SoZ 2/04)
einen Achtungserfolg erzielen.
Respect hat bei der Wahl zum Europäischen Parlament am 10.Juni eine Viertelmillion
Stimmen erhalten, dazu kommen 87000 Stimmen für die London Assembly und 61000 Stimmen für das Bürgermeisteramt in London.
Im Londoner Bezirk Tower Hamlets erhielt Respect die meisten Stimmen von allen Parteien,
und der relative Erfolg der Kampagne zeigt sich auch in den guten Resultaten, die in den Midlands und im Nordwesten erzielt wurden. Respect bekam
über 7% der Stimmen in der Millionenstadt Birmingham.
Natürlich war das Ergebnis regional völlig unterschiedlich. Es war schlecht in
Wales und in Südost-England. Aber Respect schnitt sehr gut ab in einer Reihe wichtiger Innenstadtbezirke mit einem hohen Anteil von Menschen aus
ethnischen Minderheiten, die gleichzeitig zur Arbeiterklasse gehören. Dies galt besonders für junge Muslime, von denen viele aufgrund des Fehlens
einer sozialistischen Alternative zu fundamentalistischen Ideen neigen.
Dass die Stimmen solcher ethnischer Minderheiten für eine linke Partei abgegeben
werden, ist neu in der britischen Politik. Bislang stimmten Schwarze und Asiaten für Labour. Für die Linke bietet sich nun die Gelegenheit, aus dem
Ghetto des weißen Milieus herauszukommen, in dem sie sich lange befand.
Darüber hinaus erreichte Respect dieses Ergebnis, ohne seine Politik zu
kompromittieren. Respect war die einzige Partei in den Wahlen, die offen und eindeutig in ihrem Wahlkampfmaterial Asylsuchende verteidigte. Dies war eine
der Hauptforderungen auf den 23,5 Millionen Respect-Flugblättern, die von der Post ausgeliefert wurden. Für die Grünen traf dies nicht zu. In
ihren Massenflugblättern war diese Frage überhaupt nicht klar.
Die Asylfrage gehörte zu den umstrittensten Themen bei Anrufen im Respect-
Büro während der Kampagne. Anrufer pflegten zu sagen: »Ich habe gerade Ihr Flugblatt erhalten und bin mit allem einverstanden,
außer zum Thema Asyl und Immigration. Meinen Sie das ernst, was Sie dazu sagen?« Durch seine Haltung verlor Respect eine ganze Menge
potenzieller Stimmen. Aber es war vollkommen richtig, dies in Kauf zu nehmen.
Respect war auch die einzige Partei, die für den sofortigen Rückzug
ausländischer Truppen aus dem Irak eintrat. Respect war die einzige wirkliche Antikriegspartei bei den Wahlen. Die Grünen waren für eine
UNO-Intervention und die Liberaldemokraten für die Entsendung von noch mehr Truppen, falls dies nötig sei.
Was bedeutet dieses Ergebnis ein gutes Resultat auf prinzipieller Basis
für den weiteren Aufbau von Respect?
Die Resonanz auf die Wahlkampagne hauptsächlich vermittelt durch Fernseh-
und Rundfunkspots sowie durch die von der Post ausgelieferten Flugblätter hat alle bisherigen Erfahrungen übertroffen. Respect hat viele
Hunderte neuer Mitglieder gewonnen und Tausende neue Kontakte also potenzielle neue Mitglieder. Es gibt jetzt Gruppen von Mitgliedern und
Kontakten in Dutzenden von Städten und Dörfern, wo Respect vorher überhaupt nicht präsent war.
All dies muss rasch zu aktiven Ortsgruppen konsolidiert werden. Neue Mitglieder werden
langfristig nicht für Respect gewonnen werden, wenn sie keine gut organisierte Organisation haben, auf die sie sich beziehen können.
Anders als für die Socialist Alliance besteht für Respect nun die reale
Möglichkeit, zu einer Partei vom Typ der Scottish Socialist Party (SSP) zu werden. Dies wird nicht unmittelbar geschehen, aber das muss das mittelfristige
Ziel sein. Um dies vorzubereiten, muss man jetzt schon damit anfangen, Respect wie eine Partei aufzubauen.
Respect hat sein Potenzial längst nicht erreicht, wenngleich es die Reichweite der
Socialist Alliance schon übertroffen hat. In den Gewerkschaften, wo sich eine Stimmung gegen die Labour Party breit macht, ergeben sich viele
Möglichkeiten.
Für Ende 2004 plant Respect eine Konferenz, auf der ein Statut und eine
Organisationsstruktur verabschiedet werden sollten. Vor allem muss sich Respect zu einer aktiven, Kampagnen führenden Organisation entwickeln, die
nicht nur am Wahltag präsent ist, sondern jederzeit. Sie kann ihr Potenzial nur umsetzen, wenn sie in der Bevölkerung bekannt ist und als
Dauererscheinung in der politischen Landschaft wahrgenommen wird.
Alan Thornett
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