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Der Kriminalschriftsteller George P. Pelecanos ist hierzulande schwer im Kommen. Während im letzten Jahr der dritte
Band seiner Stefanos-Trilogie Eine süße Ewigkeit bei Dumont noir erschienen ist und gleichzeitig die beiden vorangegangenen Teile dem
Ramschverkauf zugeführt wurden, verlegte der Rotbuch-Verlag unter dem Titel Wut im Bauch die Fortsetzung der Detektivgeschichte um Strange und
Quinn. Ort ist wie immer das inoffizielle Washington, eine Stadt mit verarmter afroamerikanischer Bevölkerung und zu spät gekommenen
Einwanderern. Beide Privatermittler gehen ihren Aufträgen in den Vierteln nach, vor denen die offiziellen Reiseführer warnen, trainieren in ihrer
Freizeit jugendliche Footballmannschaften, um die Jungen von den Straßengangs fernzuhalten, und legen sich mit einem Revierboss namens Worldwide
Wilson an. Obwohl Pelecanos häufiger mit James Ellroy und Quentin Tarentino verglichen wird, springt er hier mit Bravour in die Fußstapfen von
Chester Himes.
Wer Robert Wilsons Roman Tod in Lissabon klasse fand, wird auch von Der Blinde in Sevilla
begeistert sein. Auch diesmal findet eine Verschränkung von aktueller Polizeiarbeit mit zurückliegenden Verbrechen statt. Bei der Untersuchung
eines widerlichen Mordfalls stößt Kommissar Falcon in die Vergangenheit seines kürzlich verstorbenen Vaters vor, eines
weltberühmten Malers, der lange Zeit in Nordafrika gelebt hatte. Der Schrecken weiterer Morde wird beim Lesen der väterlichen Tagebücher
noch überboten. Falcon stößt an die Grenzen körperlicher und seelischer Leidensfähigkeit.
Im Winter kam Clint Eastwoods Verfilmung von Mystic River in die Kinos und jetzt als DVD
in die Videoläden. Dennis Lehanes Romanvorlage sei hiermit wärmstens empfohlen. Die Ermordung von Jimmys Tochter bringt ihn wieder
zusammen mit dem Polizisten Sean, deren Kinderfreundschaft nach der Entführung und Misshandlung von Dave auseinanderbrach. Alle drei tragen die
Wunden der Kindheit und Jugend in den proletarischen Flats von Boston in sich. Ihr Unvermögen, über Verletzungen auch und
insbesondere mit ihren Frauen zu sprechen, treibt die Geschichte immer mehr in Richtung weiterer Tragödien.
Der Träger des deutschen Krimipreises von 2000 und 2002, Garry Disher, schreibt die
Geschichte seines cleveren, aber ständig scheiternden australischen Diebes Wyatt mit Hinterhalt fort. Wieder einmal ist ein Überfall gescheitert, sein
letztes Geld wird ihm von Privatdetektiven gestohlen, in die Großstadt kann er nicht zurück, weil die Mafia Geld auf seinen Kopf angesetzt hat und
sich ehemalige Kumpels von ihm abgesetzt haben. Eine Komplizin, mit der er in der Vergangenheit nur schlechte Erfahrungen gemacht hat, bietet ihm einen
Millionenjob an.
Genug Stoff für warme Sommerabende an der heimischen Heizung oder irgendwo weit
weg.
Udo Bonn
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