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Still ist Mux erst am Ende des Films, nachdem sein »Mäuschen« auch still geworden ist. Ansonsten redet
Herr Mux ziemlich viel. Und dabei lässt er es nicht. Denn er handelt auch. Er ist ein Weltverbesserer und zwar ein rabiater, der Herr Mux. Sein Ziel ist es,
Verbrecher zu stellen, die ansonsten möglicherweise der gerechten Strafe entgehen würden. Dabei agiert er als ein Art bewaffneter Arm von
»Aktenzeichen XY…ungelöst«. Er ist eine Mischung aus Eduard Zimmermann, James Bond, Dirty Harry, Michael Kohlhaas und Don
Quijote.
Was treibt der Herr Mux denn nun? Er geht durch die Straßen Berlins und verfolgt
Schwarzfahrer, Sprayer und Leute, die ihren Hund auf die Straße scheißen lassen, ebenso unerbittlich wie Vergewaltiger und Räuber. Da
macht er keinen großen Unterschied, der Herr Mux. Denn nach seiner Auslegung des kantschen kategorischen Imperativs ist jede Regelübertretung
ein Angriff auf die Gesellschaft.
Ein kleiner faschistoider Law-and-order-Fetischist ist er also, der Mux? So einfach ist es nicht.
Eine seiner ersten Taten war es, seiner deutschen Nachbarin ihre Animosität gegen die türkischen Nachbarn auszutreiben, wofür diese sich
später sogar bei ihm bedanken. Und wenn er so redet, der Mux, könnte er einem fast sympathisch sein. Aber seine Handlungen lehren einem das
Fürchten. Er sprüht einem Sprayer Farbe in die Augen, sodass dieser blind auf die Gleise rennt und von der S-Bahn überfahren wird.
Beim »Jahrhunderthochwasser« in Ostdeutschland stellt er einen Plünderer
und bindet ihn mitten in der steigenden Flut an einen Pfahl fest… Straßenverunreiniger lässt er den Kot ihrer Hunde… nun ja, sehen Sie
selbst.
Das sind nur einige Beispiel für die Untaten des Herrn Mux, mit denen er Recht und
Ordnung aufrecht erhalten will.
Seine rechte Hand ist der ehemalige Langzeitarbeitslose Gerd Grabowski. Er dokumentiert die
Heldentaten seines Chefs mit einer Digitalkamera. Der Film selber ist auch mit einer digitalen Handkamera aufgenommen, was den Eindruck vermittelt, einen
Dokumentarfilm zu sehen. Und in satirischer Überspitzung dokumentiert der Film sicher auch deutsche Zustände. Mux repräsentiert die in
Deutschland weit verbreitete Neigung, seine jeweilige Vorstellung von Ordnung den anderen aufzuzwingen.
Der Film gewinnt dadurch, dass Mux nicht einfach als faschistoider Rassist dargestellt wird. Er
hat durchaus eine philosophisch-humanistische Bildung und ist auf seine Art sogar antirassistisch. So wird es niemandem leicht gemacht. Keine/r, der/die sich
den Film ansieht, kann von sich sagen, das hat mit mir überhaupt nichts zu tun. Durch die extreme Figur des Mux hält der Film allen einen Spiegel
vor: Auch in dir steckt ein kleiner Mux, scheint der Film sagen zu wollen.
Das heißt nicht, dass Mux eine Identifikationsfigur ist. Manchmal kann man über
ihn lachen, manchmal ekelt es einen und manchmal hasst man den Mux geradezu. Er stellt den extremen Einzelgänger dar, der völlig unfähig
ist, eine menschliche Beziehung aufzubauen. Er verliebt sich, aber er stilisiert seine Freundin im Geiste zur unberührten, idealen Frau. Diesem Bild kann
und will Kira nicht entsprechen, was ihr das Leben kostet.
Mux ist ein militanter deutscher Bildungsbürger, der seinen Kant und seinen Goethe
gelesen hat er hat Philosophie studiert und das Kant-Brevier liegt auf seinem Nachttisch und der ein ideales blondes Gretchen zur Freundin
haben möchte. Als die Realität seinen Vorstellungen nicht entspricht, versucht er sie gewaltsam anzupassen.
Mux Faschismus besteht nicht in Rassismus und Antisemitismus sondern in einem
fundamentalistischen bildungsbürgerlichen »Humanismus«, der sich in der Praxis als unmenschlich erweist. Gründlicher kann man
Kant und Goethe nicht missverstehen.
Muxmäuschenstill ist ein gut gemachter und gut gespielter Film, der
»antideutscher« ist als alles, was heute so unter diesem Label läuft.
Andreas Bodden
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