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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, September 2004, Seite 4

NRW-Kommunalwahlen

Einmischung vor Ort

von ARNO KLÖNNE*

Am 26.September sind Kommunalwahlen in NRW. Etliche linke Listen, zumeist im Spektrum von PDS und DKP, waren schon bisher in Kommunalparlamenten vertreten, aber diesmal kommt mehr Leben in die kommunalpolitische Landschaft: mit unterschiedlichen Namen kandidieren neue linke Wahlinitiativen, lokale Bündnisse von Menschen, die sich der kapitalistischen Doktrin nicht unterwerfen wollen, von kritischen Gewerkschaftsmitgliedern, von Kriegsgegnern, von sozial engagierten Christen, von früheren Anhängern der SPD und der Grünen, die mit der Regierungspolitik nichts mehr im Sinn haben. Auch Aktive aus der »Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit« sind beteiligt, aber die meisten neuen kommunalen Wahlbündnisse sind keine Filialen der »Partei in Vorbereitung«, sie sind überhaupt keine Gründungen »von oben her«. Sie haben ihren Grundimpuls in einer Stimmung, die sich etwa so formulieren lässt: »Am besten warten wir nicht auf Konzepte dieser oder jener Zentrale — nehmen wir unsere Sache doch selbst in die Hand.«
Bei aller Vielfalt gibt es, nach meinem Eindruck, Übereinstimmung in folgenden Einsichten:
Wahlenthaltsamkeit bringt für die Linke nichts. Sie kommt nur den relativen Siegern innerhalb des neoliberalen Parteienkartells SPD/Grüne/CDU/FDP zugute. Diese Parteien sind dann froh, dass sie unter sich bleiben — egal, wie niedrig die Wahlbeteiligung wird.
Wahlbeteiligung bringt für die Linke aber auch nichts, wenn daraus Kommunalparlamentarismus wird. Wenn linke lokale Wahlinitiativen Erfolg haben und deren Vertreterinnen und Vertreter dann abgehoben von außerparlamentarischen Aktivitäten im Rat sitzen, war die Mühe vergebens.
Die Betätigung in Kommunalparlamenten kann politisch nur dann etwas bewirken, wenn sie sich mit lokalen Formen direkter Demokratie (Bürgerbegehren, Bürgerentscheid etc.) verbindet.
Dass auf diese Unterscheidungen gegenüber konventionellen parteipolitisch- parlamentarischen Verfahrensweisen großer Wert gelegt wird, hat seine guten Gründe: Der Weg, den historisch die Grünen gegangen sind, bietet ein negatives Exempel. Von daher erklären sich auch »politikmethodische« Vorbehalte bei vielen lokalen Wahlbündnissen gegenüber der PDS und kritische Anfragen an die »Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit«.
Die Illusion, mit dem eigenen Auftreten bei der Kommunalwahl in NRW auf der Ebene politischer Repräsentation die »Wende« herbeiführen zu können, ist bei den lokalen Wahlbündnissen nicht vorzufinden. Es geht ihnen vielmehr darum, dem Widerstand gegen die herrschende Politik auch bei den kommunalen Wahlen und in den Kommunalparlamenten eine Stimme zu geben, die politische Öffentlichkeit lokal zu beleben, Vorhaben der Machtverwaltenden im Detail zu durchkreuzen, Alternativen bekannt zu machen — kurzum: oppositionelle Infrastrukturen dort zu entwickeln, wo sie Nachhaltigkeit bekommen können, vor Ort, wo Menschen zusammenleben. »Kleinkram«? Ganz klar. Aber ohne den kommt nichts zustande.

*Arno Klönne ist an dem lokalen Wahlbündnis »demokratische initiative paderborn« (www.di-paderborn.de) beteiligt.



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