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Mit der massivsten Wahlbeteiligung in der Geschichte Venezuelas fand am 15.8. bis um Mitternacht der mit Spannung
erwartete Urnengang statt, der über den Weiterverbleib von Präsident Hugo Chávez Frías im Amt des Staatsoberhaupts entschied.
Während drei Mitglieder des fünfköpfigen Wahlrats gegen 4 Uhr früh bekannt gaben, dass nach Auszählung von 94%
der elektronisch abgegebenen Stimmen 58,3% (ca. 4,9 Millionen) für Chávez stimmten und 41,7% (ca. 3,5 Millionen) gegen ihn, erklärte die
in der sog. Coordinadora Democrática vereinigte Opposition um 6 Uhr früh, sie sei »Opfer eines gigantischen Wahlbetrugs« geworden.
Das Ergebnis hat sich danach für Chávez noch verbessert. Denn zu dem Zeitpunkt fehlten noch Resultate aus den bevölkerungsreichen
Armenvierteln, in denen Chávez die größte Unterstützung genießt. Die Politik des vom transnationalen Kapital und den
Regierungen der Industriestaaten, vor allem den USA, angefeindeten Präsidenten hat erstmals den Armen in Venezuela einen breiten Zugang zu Bildung,
Gesundheit und Rechten ermöglicht.
Der Wahltag verlief in allen Landesteilen ohne nennenswerte Zwischenfälle und
das obwohl die Angestellten des Wahlrats (in der Mehrzahl Frauen) dem Ansturm von durchschnittlich 1500 Wählern pro Wahlurne kaum gewachsen
waren. Daran konnte auch die Tatsache nichts ändern, dass der Wahlvorgang selbst aufgrund der zur Verfügung stehenden elektronischen
Geräte (eines für die Wiedererkennung der Fingerabdrücke zur Identitätsprüfung und eines für die Stimmenabgabe) relativ
zügig vonstatten ging.
Hunderte Wahlwillige mussten in der gleißenden Sonne (und manchmal auch unter
strömendem Tropenregen) vor den Wahllokalen im Durchschnitt sechs Stunden Schlage stehen. Beim Herannahen der internationalen Wahlbeobachter
riefen sie: »Queremos votar!« (Wir wollen wählen!) Die Öffnungszeit der Wahllokale wurde zweimal verlängert; in vielen
Stadtteilen standen auch nach 24 Uhr noch Hunderte Schlange, um am Referendum teilzunehmen.
Der nun zum siebten Mal im Amt bestätigte Staatspräsident erklärte in einer
ersten Ansprache die bolivarianische Verfassung zur Siegerin dieses Wahlgangs und fügte hinzu: »Von heute an bis Dezember 2006 beginnt eine
neue Etappe der bolivarianischen Revolution, um den sozialen Vorhaben wie auch dem Kampf gegen Ungerechtigkeit, Marginalisierung und Armut
Kontinuität zu verleihen … Wir werden dieses neue ökonomische und politische Modell konsolidieren, das darauf ausgerichtet ist, die
Bedürfnisse aller Venezolaner zu befriedigen.«
Das von Ex-US-Präsident Jimmy Carter geleitete Carter-Zentrum, das die Wahl
zusammen mit zahlreichen internationalen Wahlbeobachtern begleitet hat, bestätigte das Wahlergebnis. Im Gegensatz dazu rief die Opposition sogleich:
»Betrug! Betrug!«. Auf einer CD hatte es am Nachmittag des Wahltags noch vor Schluss der Wahlurnen den Präsidenten des Wahlrats
erklären lassen, »das Ja hat 11431086 Stimmen bekommen und Präsident Hugo Chávez damit des Amtes enthoben«. Sie stellte
sich später als Fälschung heraus.
Auf Drängen des Carter-Zentrums und der OAS organisierte der Nationale Wahlrat eine
Anhörung, bei der die Opposition ihre Vorwürfe vortragen sollte; zusätzlich wurden die Ergebnisse von 150 zufällig ausgesuchten
Wahlmaschinen mit den Wahlbestätgungen auf dem Papier abgeglichen. Doch die Opposition erschien nicht. Sie behauptete, die elektronischen
Wahlmaschinen seien auf eine Höchstzahl von Stimmen für Chávez geeicht gewesen; 60% der Wähler hätten sich gegen
Chávez entschieden.
Der Unternehmerverband Fedecamaras hingegen, der den Putschpräsidenten Pedro
Carmona zum Vorsitzenden hatte, erkannte das Ergebnis an und setzt auf »Versöhnung«. Inzwischen hat auch die US-Regierung, die die
Opposition seit Jahren in jedem ihrer Schritte politisch und finanziell unterstützt, das Wahlergebnis anerkannt sie hat sich zwei Tage Zeit
dafür gelassen.
Die Opposition wird sich differenzieren. Aber große Teile der Opposition werden weiter
an der gewaltsamen Absetzung von Chávez arbeiten. Eine venezolanische Contra ist im Aufbau. Wie ehemals in Nikaragua ist das Ziel nicht der
militärische Sieg, sondern die Destabilisierung.
Dario Azzellini
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