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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Oktober 2004, Seite 4

»Die Zeichen stehen auf Sturm«

Kolumne von Jakob Moneta

»Die Zeichen stehen auf Sturm« — so lautet das Ergebnis einer Untersuchung der Rosa-Luxemburg- Stiftung. Diese stellt fest: Politik muss Wirkung zeigen. Darum fragen die Menschen nach sechs Jahren Reform: Wo bleibt das höhere Wachstum? Wo sind die höheren Einkommen? Wo vor allem bleiben die existenzsichernden Arbeitsplätze? Deutschland schlägt alle Exportrekorde, aber die Menschen spüren, dass sie dabei auf der Strecke bleiben.
Im Jahre 2002 waren 35% der Bevölkerung von den Parteien enttäuscht, heute sind es 65%. 54% sehen keinen Unterschied zwischen SPD und CDU, nur 5% haben noch Vertrauen in die Lösungsvorschläge von oben.
Große Teile der ost- und westdeutschen Bevölkerung hängen an einem »demokratischen Sozialismus«. Für sie bedeutet dies: Rechtsstaatlichkeit mit hoher sozialer Gleichheit, privates und öffentliches Eigentum, mit einer starken Sozialpflichtigkeit. 85% sind für eine Verteilung von oben nach unten, 80% für mehr Bürgerbeteiligung und nur 40% für weitere Privatisierungen. Hartz IV wird als Klassenkampf von oben verstanden. Die Frage, wo der erzeugte Reichtum bleibt, wird in Berlin-Ost von 75% und in Berlin-West von 66% mit der Feststellung beantwortet: Er ist im Profit konzentriert.
Niemand will zurück in die DDR. Aber es gibt einen Zusammenhang zwischen der eigenen Zukunftsangst in der BRD und Ausländerfeindlichkeit. Seltsamerweise stellen die Linken, die zu den Montagsdemonstrationen aufrufen, nicht fest, dass nicht sie, sondern die etablierten Parteien isoliert sind! Ist es etwa ein wirklicher Wahlsieg für die CDU, wenn im Saarland nur 27% der Wahlberechtigten für sie stimmen, während fast die Hälfte von ihnen nicht mehr wählen geht? Die Montagsdemos werden von ihren Gegnern verketzert, weil sie »nur« eine Minderheit sind. Wann aber wurden Revolutionen von der Mehrheit des Volkes getragen?
Wir können allerdings nur erfolgreich sein, wenn es gelingt, die Millionen Benachteiligten in der Europäischen Gemeinschaft gemeinsam zum Widerstand zu animieren. Das wird immer noch als unmöglich angesehen. Auf einer Konferenz mit dem Motto »Kämpfe unserer Zeit«, die von Marx-Engels-Stiftung und DKP organisiert wurde und im Frankfurter Gewerkschaftshaus stattfand, bewies der Betriebsratsvorsitzende der Hamburger Hafenarbeiter, Bernt Kamin, dass auch die europäischen Behörden nicht unbesiegbar sind. Durch europaweit abgestimmte Aktionen von Hafenarbeitern konnten die Politiker davon »überzeugt« werden, eine von der europäischen Union geplante Deregulierungsrichtlinie zu kippen. Bernt Kamin setzte hierbei sowohl auf die beteiligten Gewerkschaften als auch auf die direkte Kooperation der Betriebsräte in 14 Ländern Europas. Auf dieser Basis soll langfristig auch eine gemeinsame Tarifpolitik entwickelt werden, da für die Arbeitskosten in den Häfen dieser Staaten letztlich ähnliche Eckwerte bestehen.
Warum sollte es den Gewerkschaften der Europäischen Gemeinschaft mit Unterstützung einer breiten Massenbewegung nicht gelingen, die infamen Angriffe der europäischen Behörden im Interesse des Großkapitals abzuwehren? Es wäre nicht das erste Mal in der Geschichte, dass im Widerstand gegen die Herrschenden eine Internationale entsteht, die den Durchbruch zu einer sozialistischen Gesellschaft ermöglicht und die demokratische Selbstverwaltung mit Planung vereint.

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