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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Oktober 2004, Seite 11

Private Wasserversorgung in Jakarta

Teuer und giftig

Ende August haben Unicef und die Weltgesundheitsorganisation ihren Weltwasserbericht veröffentlicht. Darin untersuchen sie die Umsetzung der sog. »Milleniums-Ziele« der Vereinten Nationen.
Im Jahr 2000 hatten 189 Staaten versprochen, den Anteil der Menschen, die keinen Zugang zu sauberem Wasser und zu Abwasserentsorgung haben, bis 2015 zu halbieren. Die mit dem Weltwasserbericht vorliegende Bestandsaufnahme lässt jedoch befürchten, dass dieses Ziel insbesondere in Afrika und Asien nicht erreicht wird. »Die Grundversorgung der ärmsten Menschen mit sauberem Wasser ist nicht nur eine Frage des Geldes, sondern auch der politischen Prioritäten«, heißt es im Bericht. »Fortschritte in diesem Bereich sind überall dort erzielt worden, wo nach der Devise ›Etwas für die vielen‹ statt ›Vieles für die wenigen‹ verfahren wurde.« Um so mehr verwundert es, dass im Weltwasserbericht mit keinem einzigen Wort die Privatisierung der Wasserversorgung und ihre Auswirkungen als Problem erwähnt werden. Ein Blick auf die Situation in den Megastädten der Dritten Welt wäre dabei aufschlussreich gewesen — z.B. in der indonesischen Hauptstadt Jakarta.
Die 19-jährige Jura-Studentin Veronica aus Jakarta kauft regelmäßig in Flaschen abgefülltes Danone-Trinkwasser, obwohl es sehr teuer ist. Das Leitungswasser sei schlicht ungenießbar. »Jedes Mal, wenn ich es trinke, mache ich mir Sorgen, selbst wenn ich es abgekocht habe. Warum wird bei uns kein Wasser geliefert, das man ohne weiteres trinken kann?«
In Jakarta organisieren heute Suez, früher Lyonnaise des Eaux, und Thames Water, eine RWE-Tochter, in vielen Stadtteilen die Wasserversorgung. Suez ist mit 125 Millionen Kunden weltweit das größte Unternehmen der Branche, RWE belegt auf der Weltrangliste den dritten Platz.
1995 hatte Suharto die Privatisierung des öffentlichen Wasserbetriebs Pam Jaya beschlossen. Der Vertrag mit Thames Water wurde damals von der Weltbank und dem britischen Department for International Development unterstützt. Der Vertrag sah nicht einmal vor, dass die staatliche Regulierungsbehörde, welche die Wassergeschäfte des Konzerns beaufsichtigen sollte, ein Recht auf Einblick in die Akten und Finanzberichte der ausländischen Investoren bekommen sollte.
Für die Wasserversorgung im Ostteil und Westteil Jakartas erhielten 1997, noch unter dem Suharto-Regime, die heutige RWE-Tochter Thames Water und der französische Multi Suez eine Konzession; sie sollten auch das noch in der niederländischen Kolonialzeit angelegte Leitungssystem der Millionenmetropole überholen. Beide Konzerne arbeiteten mit indonesischen Geschäftsleuten zusammen, die zum engeren Freundeskreis des Präsidenten Suharto zählten.
Die Regierung, die nach dem Sturz Suhartos ins Amt kam, bezeichnete die Geschäfte mit den beiden Multis als korrupt und überführte die Wasserversorgung wieder in öffentliche Hand.
Doch dieser Zustand sollte nicht lange währen. Die Konzerne verlangten eine Neuverhandlung der Verträge. Dagegen gab es zwar Widerstand, auch Streiks gegen die von den Konzernen geplanten Entlassungen und Preiserhöhungen. Aber schließlich schloss die Regierung 2001 abermals Verträge mit den Multis ab.
Thames Water hat sich damit im Ostteil der Stadt für 25 Jahre das Monopol auf die Wasserversorgung gesichert. Kein anderes Unternehmen hat in dieser Zeit das Recht, dort in das Geschäft mit Leitungswasser für die mehr als 2 Millionen Einwohner einzusteigen.
Auch der neue Konzessionsvertrag knebelt die Stadt. Er legt fest, dass sie bei vorzeitiger Beendigung des Vertrages die gesamte Summe, die bis zum Zeitpunkt der Vertragskündigung investiert wurde, an den Konzern zurückzahlen muss, darüber hinaus die vereinbarten Profite für die gesamte Vertragsdauer von 25 Jahren.
Die Konzerne erfüllen ihre vertragsgemäßen Aufgaben nicht. Sowohl Thames Water als auch Suez haben weniger Haushalte angeschlossen, als sie versprochen hatten. Bis heute klagen die Menschen in Jakarta über Unterbrechungen bei der Wasserversorgung und über die schlechte Wasserqualität.
Experten stellten eine hohe Konzentration von Schwermetallen und Reste von Reinigungsmitteln im Wasser fest. Ein Vertreter von Suez begründete die schlechten Leistungen seines Unternehmens mit der »Nachlässigkeit der Arbeiter«, die nicht bereit seien, »mit ausländischen Arbeitgebern zu kooperieren«. Gleichzeitig fordern beide Wasserkonzerne immer wieder Preiserhöhungen, denen die Regulierungsbehörde schon mehrmals zustimmte.
Konflikte zwischen dem städtischen Unternehmen Pam Jaya, das die Konzerne eigentlich kontrollieren soll, und den privaten Partnern häufen sich in jüngster Zeit. Denn Pam Jaya soll nicht nur kontrollieren, sondern muss — im Rahmen einer public-private partnership — auch zahlen, wenn die Konzerneinnahmen aus den Wassergebühren nicht die Kosten der privaten Investoren decken. Die behaupten, das Geschäft sei längst noch nicht rentabel, obwohl die Wasserpreise seit 1998 bereits um fast 100% erhöht wurden. Thames Water und Suez beziffern die fälligen Zuschüsse von Pam Jaya auf 116 Millionen Dollar.
Um diese Schulden zu begleichen, setzt sich Pam Jaya regelmäßig dafür ein, die Preise für Leitungswasser weiter heraufzusetzen. Im April 2003 stieg der Preis für ein Kubikmeter Wasser um 40% auf 49 Cent. Am 1.Januar dieses Jahres erhöhte die Stadtverwaltung die Wasserpreise abermals um 30%, ausdrücklich auch für die ärmeren Haushalte und Stadtviertel, und löste damit einen öffentlichen Aufschrei aus. In Jakarta, wo die große Mehrheit der Bewohner mit weniger als 2 Dollar am Tag auskommen muss, ist das nicht verwunderlich. Mehr als die Hälfte der zusätzlichen Wassergebühren soll laut Regulierungsbehörde zur Tilgung der Schulden von Pam Jaya verwendet werden.
Trotz der schlechten Erfahrungen und der zahlreichen Proteste gegen die Privatisierung plant die indonesische Regierung, die Wasserversorgung überall im Land in private Hände zu geben. Das neue Gesetz, das diesen Schritt ermöglichen soll, hat die Weltbank erzwungen: Sie wollte der indonesischen Regierung 1999 nur dann einen Kredit von 300000 US-Dollar für die Wasserversorgung zur Verfügung stellen, wenn die Privatisierung weiterginge.
Neben zahlreichen NGOs wehrt sich die größte muslimische Organisation in Indonesien, Nahdlatul Ulma (NU), gegen dieses Vorhaben, das dem »Recht auf sauberes und bezahlbares Wasser« entgegenstehe. Hingegen unterstützen die beiden großen Parteien Indonesiens, die Demokratische Partei der Präsidentin Megawati Sukarnoputri und die Golkar-Partei von Akbar Tandjung, die landesweite Privatisierungswelle, die nur teureres, kein sauberes Trinkwasser beschert.
Das Flaschenwasser des französischen Multis Danone und anderer Konzerne, die nach Angaben der Jakarta Post schon viele Wasserquellen des Landes unter ihrer Kontrolle haben und allein 2003 mehr als 4 Milliarden Kubikmeter Wasser in Flaschen abfüllten, um es anschließend in den Städten teuer zu verkaufen, dürfte für die wenigsten Bewohner eine Alternative sein.

Gerhard Klas

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