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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, November 2004, Seite 1

Lob der ›Unvernunft‹

Die Herrschaft der neoliberalen Ideologie sitzt tief, sehr tief. »Arbeitgeber« und »Arbeitnehmer«, Arbeitgebervertreter und Arbeitnehmervertreter, Politiker und Journalisten, die Bevölkerung in Bochum, im Ruhrgebiet und in der ganzen Republik, allen ist klar und alle sagen es ganz offen: Die ökonomische Krise, in die der Autokonzern General Motors/Opel gerutscht ist, ist vor dem Hintergrund einer allgemeinen und tiefen Absatzkrise der Autoindustrie vor allem hausgemacht — eine Anhäufung von Managementfehlern. Doch anstatt nun die Absetzung und Enteignung dieses Managements zu fordern, fordern die einen Lohnverzicht und Streichung ganzer Arbeitsplätze, und die anderen haben nur die eine Sorge: dass dies auch ja sozialverträglich und ohne zivilen Ungehorsam geschieht.
Obwohl allen Beteiligten klar ist, dass eine Politik des Gürtel-Enger- Schnallens die der Überproduktionskrise zugrundeliegende Nachfragekrise nicht löst, sondern noch verschärft, streiten sie sich nur darum, wie eng man den Gürtel der Beschäftigten zu schnallen vermag, bevor denen die Luft ganz wegbleibt. Anstatt an der Arbeitszeit zu sparen und sie gleichmäßig auf alle zu verteilen, soll diese Arbeitszeit wieder ausgedehnt und der Lohn zusätzlich gesenkt werden.
Ein Lob der »Unvernunft« deswegen jenen Bochumer Opelanern, die zwar keine fertigen Alternativen haben, wohl aber ein gesundes Verständnis dafür, dass das, was die Manager und Eigner, die Politiker und Journalisten ihnen als Lösung predigen, auch keine solche ist.
Der Kampf bei Opel zeigt, wie schnell sich Widerstand formieren und wie effektiv er sich entfalten kann — wenn, ja wenn er von denen unterstützt und weiter getrieben wird, die die organisatorische Macht dazu haben: den Gewerkschaften.
Tadel dagegen jenen »Freunden der Beschäftigten«, die diesen Kampf zu bremsen und abzubiegen versuchen. Wer will, dass die neoliberale Hegemonie in diesem Land geschwächt und neoliberale Konterreformen gebremst werden, der hat allen Grund, den aufbegehrenden Arbeitern solidarisch zur Seite zu stehen und den Kampf um den Erhalt der Arbeitsplätze auszudehnen zu einem Kampf um Befreiung aus Profit- und Konkurrenzzwängen.

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