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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, November 2004, Seite 4

Deutsche Fuchspanzer für den Irak

Im Sumpf des Krieges

von MARTIN SINGE

Die Bundesregierung hat beschlossen, 20 Fuchs-Panzer der Bundeswehr an den Irak zu liefern. Die Entscheidung fiel bereits in der vorletzten Septemberwoche im Bundessicherheitsrat. Dieses Gremium tagt und entscheidet geheim, ohne dass irgendeine parlamentarische Instanz in die Entscheidungsfindung einbezogen wird. Der Auswärtige Ausschuss wurde bewusst erst über eine Woche später über den Panzerbeschluss informiert, da die rot-grünen Bundessicherheitsratsmitglieder angesichts der Kommunalwahlen in NRW »innenpolitische Vermittlungsschwierigkeiten« befürchteten. Vermittlungsschwierigkeiten gab es immerhin in der grünen Partei, die sich in Kiel mehrheitlich gegen die Panzerlieferung aussprach. Dies beeindruckte die rot-grüne Regierung jedoch in keinerlei Weise.
Die Panzerlieferung steht im Kontext einer immer deutlicheren Wende der Regierungspolitik in Sachen Irakkrieg. Von Anfang an war die öffentlich zur Schau getragene Kriegsablehnung durch die Bundesregierung mehr als löchrig. Ohne Not wurde den USA die Nutzung ihrer Basen auf bundesdeutschem Boden sowie die Nutzung des Luftraums gestattet. Bundeswehrsoldaten beteiligten sich bei AWACS-Einsätzen direkt am Krieg und schützten US-Militärstützpunkte in der BRD. Mit dem jetzt ergangenen NATO-Beschluss für ein Engagement im Irak und dem Beschluss zur Panzerlieferung macht sich auch die Bundesrepublik zum direkten Kriegsbeteiligten.
Zwei Personen aus der Friedensbewegung haben die Bundesregierung, für diese stellvertretend Kanzler Schröder und Außenminister Fischer, wegen des Verdachts der Beihilfe zu einem Angriffskrieg angezeigt. Der Bundesregierung ist die Beteiligung oder Vorbereitung an Angriffskriegen grundgesetzlich untersagt. Im Irak wird jedoch nach wie vor Krieg geführt. Der Angriffskrieg ist nur formal am 1.5.2003 von Bush für beendet erklärt worden; die Angriffshandlungen gegen das irakische Volk gehen seitdem unvermindert weiter. Zudem steht die Panzerlieferung in klarem Widerspruch zu den Rüstungsexportbestimmungen der Bundesrepublik. Libyen, Israel und die Türkei sind die nächsten Kandidaten für den neuen Rüstungsexportaufschwung unter Rot-Grün.
Eine Strafanzeige gegen die Bundesregierung vor Beginn des Irakkriegs wegen der indirekten Unterstützung der Kriegsvorbereitungen hatte der (an die Weisung der Regierung gebundene) Generalbundesanwalt im März 2003 zurückgewiesen, weil »zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat nicht gegeben« seien. Er argumentierte damit, dass es völkerrechtlich keine hinreichend eindeutige Aggressionsdefinition gebe; außerdem sei die Strafnorm §80 StGB enger gefasst als die Grundgesetznorm aus Art.26 Grundgesetz. Das heißt, dass das Grundgesetz mit größerer Reichweite Beteiligungen an Kriegshandlungen verbietet, als diese unter Strafe gestellt sind. Dagegen ist zu halten, dass in einer UN-Resolution von 1974 eindeutig ausgeführt wird, dass bereits die Duldung von Angriffshandlungen, die vom eigenen Hoheitsgebiet gegen einen Drittstaat gerichtet sind, grundsätzlich ihrerseits als Angriffshandlungen zu bewerten sind. Aber das interessiert Schröder und Struck in keiner Weise, sie hatten ja auch bereits zu Beginn des Irakkriegs öffentlich gesagt, es ginge ihnen »nicht um Juristerei«, sondern um Bündnissolidarität.
Die Bundesregierung hat also bereits mit der Duldung von Kriegshandlungen der US-Armee gegen den Irak im März 2003 gegen Grundgesetz und Völkerrecht verstoßen. Mit der jetzigen NATO-Entscheidung zur Kriegsunterstützung und der Fuchs-Panzer-Lieferung wird dem noch eins drauf gesetzt. Nach und nach gerät die Bundesregierung immer tiefer in die Sümpfe dieses grauenvollen Krieges. Maßgebliche Gründe sind offensichtlich Ängste, von der zukünftigen wirtschaftlichen Ausbeutung des Irak ausgeschlossen zu werden.
Die Kriegsbeteiligungen der rot-grünen Bundesregierung, beginnend mit dem völkerrechtswidrigen Angriff gegen Jugoslawien 1999, über den sog. Antiterrorkrieg »enduring freedom« gegen Afghanistan unter Beteiligung des Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr (der am 12.11.2001 erstmalig ausgelöste NATO- Bündnisfall ist immer noch in Kraft) bis hin zur immer direkteren Beteiligung am Irakkrieg, sind ein einziger grundgesetz- und völkerrechtswidriger Skandal. Aber statt dass die Bundesregierung politisch und strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wird, müssen sich vor den Frankfurter Amts- und Landgerichten immer noch die Mitglieder der Friedensbewegung gegen Strafvorwürfe verteidigen, weil sie dem Kriegsgeschehen mit der Blockade der US-Airbase Rhein-Main im März 2003 grundgesetzkonform entgegenwirken wollten.

Martin Singe ist Mitarbeiter im Komitee für Grundrechte und Demokratie, Köln.



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