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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, November 2004, Seite 4

WASG

Am Scheideweg?

Von MANUEL KELLNER

Die abwartende Haltung der bislang führenden Kreise der Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) zur Frage, ob und wann man zu den Wahlen antreten solle (vgl. S.10), beißt sich, bspw. in Nordrhein-Westfalen, in den Schwanz: Einerseits baut man sich die künstliche Hürde von »mindestens 2000 Mitgliedern« auf, die zuvor gewonnen werden sollen, andererseits wäre das klare Signal, dass im Mai 2005 eine Alternative links der SPD und ihrer politischen Satelliten antritt — und auch den Rechtsextremisten nicht das Feld der Proteststimmen überlässt — ideal für einen neuen Schub bei der Mitgliederwerbung.
Wieder einmal hat sich gezeigt, dass die WASG Ausdruck der Entwicklung von politischem Bewusstsein einer ganzen Reihe von Menschen ist, die noch bis vor wenigen Monaten der SPD (oder einer anderen etablierten Partei) die Stange gehalten haben. Viele von ihnen sind (männliche) Gewerkschaftsaktive zwischen 35 und 55 Jahren. Sie wollen den Bruch mit der neoliberalen Politik, mit Agenda 2010 und Hartz IV, sie wollen solidarische Sozialversicherungssysteme. Nur eine Minderheit jedoch denkt antikapitalistisch und will über die Systemgrenzen hinaus.
Antikapitalistische Linke müssen dies berücksichtigen. Neben einer langfristig angelegten, geduldigen und solidarischen Diskussion über gesellschaftspolitische Alternativen (ohne die es nicht möglich sein wird, der Konkurrenz- und Profitlogik herrschender Politik wirksam entgegenzutreten) sollte versucht werden, einen Konsens für konkrete Positionen zu erstreiten: demokratisches Innenleben, Ablehnung von Mitverantwortung für Sozialraub, Arbeitszeitverkürzung ohne Lohneinbußen, Finanzierung ansprechender öffentlicher Dienste und eines menschenwürdigen Lebens für alle durch hohe Steuern auf hohe Einkommen, menschliche Lösungen und internationale Solidarität gegen Standortlogik und nationale Borniertheit.
Die nächsten Wochen und Monate werden wohl entscheiden, ob die WASG ein wichtiger Schritt politischer Neuformierung wird, oder ob sie im Sumpf des Konformismus, der Defensive und der Furcht vor Radikalität stecken bleibt. Klaus Ernst sagte am 17.10., man wolle sich »in der linken Mitte« ansiedeln — in einem politischen Spektrum, dessen »äußerste Linke« in Gestalt der PDS neoliberalen Sozialabbau mitträgt! Im Ernst?

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