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Im Juli war Bundesinnenminister Schily mit dem Vorschlag vorgeprescht, in Nordafrika Auffanglager für
Flüchtlinge aus Afrika zu errichten, die auf dem Weg Richtung Europa sind. Was viele für ein typisches Sommerlochthema gehalten
haben, spielt auch im Herbst noch eine Rolle. Bei einem Treffen am 1.Oktober im niederländischen Scheveningen stellte Schily seine
Pläne erneut seinen EU-Innenministerkollegen vor. Er stieß dabei auf weitgehende Zustimmung. Konkret wurden nun Marokko,
Mauretanien, Algerien, Tunesien und Libyen als Standorte für solche Einrichtungen genannt.
Die auch »Clearingstellen« genannten Lager sollen dazu dienen, die Flüchtlinge zu sieben, um die auszusuchen, die
eine Chance auf Anerkennung als politische Flüchtlinge haben oder die als Arbeitskräfte nach Europa einreisen könnten. Die
Maßnahme wird als humanitär verkauft und soll in Zusammenarbeit mit dem UN-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR)
durchgeführt werden. Dadurch sollen Flüchtlingsdramen im Mittelmeer verhindert werden. An eine Lockerung des EU-Grenzregimes
ist nach wie vor nicht gedacht.
Widerspruch kam bisher aus Irland und Schweden. Beide Regierungen
erklärten, keine »Festung Europa« zu wollen. Auch die EU-Kommission meldete Bedenken an. Die Regierungen der betroffenen
nordafrikanischen Länder haben bisher keine Stellungnahme abgegeben. Innenpolitisch opponieren die Grünen gegen Schilys
Vorschlag. Sie wollen im Bundestag ihre Zustimmung verweigern.
Schily beharrt aber auf seinen Plänen, die in der EU am stärksten
vom italienischen Innenminister Pisanu unterstützt werden. Die Regierungen von Frankreich und Spanien lehnen die Pläne Schilys
bisher ab. Der spanische Innenminister Alonso riet hingegen zu »absoluter Vorsicht bei einer Initiative, die so viele problematische Aspekte
hat«. Von Menschenrechtsgruppen wird die Initiative nach wie vor scharf kritisiert. Schily ist mittlerweile von dem Begriff »Lager«
abgerückt, da nicht klar sei, ob die Flüchtlinge vor den Einrichtungen auch lagern würden.
Juristisch ist nach wie vor ungeklärt, wie die Asylanträge
überhaupt in Afrika gestellt werden können, da sie eigentlich auf dem Boden des gewünschten Asyllands eingereicht werden
müssen. Auch die völkerrechtliche Frage, ob die EU solche Einrichtungen überhaupt auf dem Boden von souveränen
Staaten, die nicht zur EU gehören, betreiben darf, harrt noch ihrer Antwort.
Eine weitere rechtliche Frage ist, was diese Einrichtungen überhaupt
bezwecken sollen, da schon jetzt in Afrika bei den Botschaften und Konsulaten der EU-Länder Anträge auf Visa gestellt werden
können. Die Regierung Österreichs hat Schilys Vorschläge dahingehend ergänzt, dass man solche Lager doch auch in
Osteuropa, z.B. in der Ukraine, einrichten könne. Ziel dieser Abwehrmaßnahmen sind tschetschenische Flüchtlinge. Die
ukrainische Regierung verwahrte sich entschieden gegen diesen Vorschlag. Sie sei nicht bereit, Flüchtlinge nach ihrer Herkunft zu
unterscheiden.
Am 17.Oktober berieten die Innenminister der EU in Florenz erneut über
Schilys Vorschlag. Das Ergebnis stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest.
Andreas Bodden
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