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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, November 2004, Seite 11

5.Asiatisch-Europäisches Forum der Völker

Begegnung in Hanoi

Anlässlich des Asien-EU-Gipfels ist vom 6. bis 9.September ein Gegengipfel in Hanoi zusammengetreten.

Seit 1996 treten alle zwei Jahre die Regierungschefs der EU und Ostasiens zusammen. Die bisherigen Treffen fanden in Bangkok, London, Seoul und Kopenhagen statt. Seit 1996 wird dem ein Forum der Völker entgegengesetzt, das die Zivilgesellschaft und soziale Bewegungen zu Wort kommen lassen will. Es ist eine der seltenen Möglichkeiten für europäische und asiatische Organisationen sich zu begegnen.
Die Durchführung des Forums in Hanoi war eine große Premiere. Die vietnamesischen Organisatoren empfingen zum ersten Mal eine große Bandbreite ausländischer Delegationen, nicht nur die üblichen Freundschaftsgesellschaften und Bruderorganisationen. Die internationalen Gäste wiederum hatten sich aktiv am Vorbereitungskomitee für das Forum beteiligt und mussten auf vietnamesischer Seite mit Bewegungen zusammenarbeiten, die mit der Partei und dem Staat verbunden sind — ohne die es unmöglich gewesen wäre, das Forum zu organisieren —, eine bislang einmalige Erfahrung.
Das Forum wurde ein voller Erfolg. Das Nationale Komitee, das von der Vietnamesischen Union der Freundschaftsgesellschaften getragen wurde, hat große Anstrengungen gemacht, das Forum zu empfangen. Die vietnamesischen Behörden haben das Ereignis stärker herausgestellt als die früheren Länder: Vertreter der Politik griffen in die Debatte ein, der Außenminister arrangierte ein Treffen usw.
Die Organisation des Forums war mit besonderen Schwierigkeiten verbunden. Es war nicht möglich, es zur selben Zeit wie den offiziellen Gipfel stattfinden zu lassen, wie sonst. Ursprünglich waren 500 Teilnehmende vorgesehen, darunter 200 aus dem Ausland. Von den letzteren kamen aber über 400. Auf vietnamesischer Seite wollte man die Überzähligen wieder zurückschicken, auf internationaler Seite wollte man die Mittel auftreiben, damit alle empfangen werden könnten. Unabhängige örtliche Initiativen hatten keinen abgesicherten Platz im Forum.
Die Argumente, die vom Nationalen Komitee vorgetragen wurden, waren meist praktischer Natur: es gibt nicht genügend Versammlungsräume, nicht genügend Übernachtungsplätze… Aber dahinter verbargen sich politische Differenzen, es gab zwei unterschiedliche Ansätze, wie ein solches Forum vorzubereiten sei.
Trotz alledem war der Wind des Sozialforums und der globalisierungskritischen Bewegung auch im Asiatisch-Europäischen Forum der Völker zu spüren. Der Widerstand gegen den Krieg und der »Dialog der Zivilisationen« waren wichtige Themen. Die Debatten werden politischer: Es gab Seminare über die Beziehungen zwischen Parteien und Bewegungen, zwischen Bewegungen und Regierungen. Neue Fragen tauchten am Rande auf, so die Verantwortung von NGOs bei der Verletzung der Menschenrechte.
Die asiatischen Delegationen kamen nach Hanoi, um dem Land ihren Respekt zu erweisen, das die US-amerikanische Supermacht bezwungen hat. Gleichzeitig löste die politische Entwicklung des Regimes lebhafte Debatten aus, vor allem der geplante Eintritt Vietnams in die WTO. Die »sozialistische Marktwirtschaft« überzeugte wenige.
Das Nationale Organiationskomitee hat auch verlangt, dass die brennende Frage von Burma in der Abschlusserklärung des Forums nicht angesprochen werde. Das war der ernsteste politische Streitpunkt. Hier endet die Zusammenarbeit zwischen einem internationalen Komitee, das keinem diplomatischen Zwang unterliegt, und nationalen Partnern, bei denen das der Fall ist. Darüber muss weiter diskutiert werden, denn die Beteiligung von Delegationen aus Vietnam und aus China an den Sozialforen wird inzwischen zur Regel.

Pierre Rousset

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