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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, November 2004, Seite 22

Andrea Röpke/Andreas Speit (Hg.): Braune Kameradschaften. Die neuen Netzwerke der militanten Neonazis, Berlin: Christoph Links, 2004, 206 Seiten, 14,90 Euro

Braune Kameraden

Bei den vor kurzem in Brandenburg und Sachsen abgehaltenen Landtagswahlen erhielten die Neonazis der DVU und NDP 6,1 bzw. 9,2% der Stimmen. In absoluten Zahlen gewann die NDP 160000 Stimmen dazu! Grund genug sich eingehend mit dem Rechtsextremismus in der BRD auseinanderzusetzen.
Deutschlands rechtsextreme Szene befindet sich in einem Umgruppierungsprozess. Die »Freien Kameradschaften« sind im Vormarsch begriffen. Was rechtsextremen Parteien in mehreren Jahrzehnten nicht gelungen ist, haben die braunen Kameradschaften in kürzester Zeit geschafft: breiten Zulauf unter jungen Leuten und Aufbau von lokalen Gruppen. Der Weg dorthin führt über eine spezifische »rechte Erlebniswelt«, von Partys, Fußball und Rechtsrockkonzerten angefangen bis zu Politaufmärschen und Wehrsportübungen.
Das von Andrea Röpke und Andreas Speit herausgegebene Buch schildert diesen Entwicklungsprozess. 69 Menschen starben von 1990 bis 1995 durch neonazistisch motivierte Angriffe. Das daraufhin verhängte Verbot einiger rechtsextremer Gruppen führte zur Suche nach einem neuen Organisationsmodell.
»Statt erneut eine Partei zu gründen, die wieder verboten werden könnte, entwickelten sie das Konzept von lokalen Kameradschaften, die regional durch ›Aktionsbüros‹ verbunden sind.« Heute bestehen »über 160 Kameradschaften, die jeweils etwa 5 bis 30 Aktivisten vereinen, mehrheitlich im Alter zwischen 18 und 35 Jahren«.
In dem Kapitel »Rechtsrock fürs Vaterland« wird auf den zentralen Stellenwert der Neonazibands eingegangen.
Das Kapitel »Epilog« hält zu Recht fest, dass es keine »Patentrezepte« gegen den Rechtsextremismus gibt. »Nur vielfältige Gegenstrategien, die innerhalb der Gesellschaft verankert sind, können eine politische Auseinandersetzung mit Antisemitismus, Rassismus und Neonazismus vorantreiben, wenn sie deren gesellschaftliche Bedingungen nicht ausblenden.«
Schade nur, dass eben diese Rahmenbedingungen — Massenarbeitslosigkeit, Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse, Abbau des Sozialstaats — in dem sonst gut recherchierten Buch kaum vorkommen

Hermann Dworczak

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