SoZSozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Dezember 2004, Seite 4

Atommülltransporte

Augenblick der Erstarrung

von DOROTHEE MENZNER

»Atomkraft tötet!« Dieses Motto wurde auf brachiale Weise wahr gemacht von den Transport- Machern der 12 Castor-Behälter aus La Hague ins niedersächsische Gorleben. War es nur allseitiger Leichtsinn, als ein 23-jähriger Aktivist, angekettet an den Oberschenkeln, im Elsass überrollt wurde und verblutete? Nur Sicherheits-Ausblende der Demonstrierenden? Nur zufällige Lücken der amtlichen Transportüberwachung?
Die Streckenkontrolle sah die Gruppe junger Menschen angeblich nicht, eine Vorauslok war gar nicht erst eingesetzt und der Hubschrauber zur Streckenüberwachung kontrollierte exakt dieses Teilstück nicht, da er gerade auftankte. Also nur Kostendämpfung der Castor-Transport-Branche? Hartnäckig hält sich das Raunen vom »Exempel statuieren«. Denn so ein Schock bringt Erstarrung in die Aufrührer und auch das hilft sparen. Scheiden also Verschwörungen automatisch aus bei diesen Herrschenden? Jeder Transport der 120 Grad heißen Castor-Behälter in die als Zwischenlager bezeichnete Blechhalle, wo die Behälter erstmal 30—40 Jahre abstrahlen müssen, ehe über eine Endlagerung nachgedacht werden kann, begründet die Panik vor dem Hintergrund, dass die Genehmigung des Endlagers im bergtechnisch ungeeigneten Salzstock doch noch erfolgte. Ja, diese herrschenden Hasardeure sind zu allem fähig. Nein, Sebastiens Tod samt unserer Erstarrung sahen erst einmal nicht wie ihr Schaden aus!
Gorleben als Standort für Zwischen- und Endlager sowie eine damals noch vorgesehene WAA wurde 1977 von Ministerpräsident Ernst Albrecht verkündet, ganz im Zeichen des kalten Krieges schön dicht an der innerdeutschen Grenze, schwach besiedelt und mit konservativer Bevölkerung. Mit den widerständigen Wendländern hatte damals niemand gerechnet. Seit 27 Jahren protestieren dort nunmehr alle Bevölkerungsgruppen, sie wurden so zur langjährigsten Bürgerbewegung, mussten viele Rückschläge hinnehmen und ihre Aktionsformen kreativ den veränderten Gegebenheiten anpassen. Sie überlebten selbst den Atomkompromiss von Rot-Grün. Und so hat sich die Erstarrung des furchtbaren Augenblicks gelöst, noch mehr Augen sind jetzt auf die Konzept- und Skrupellosigkeit der willigen Vollstrecker und ihrer Atomkonzerne gerichtet.X2

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