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Als vor fünf Jahren die »Standorte«-Gruppe bei Opel zum Thema
»Outsourcing und Alternativen« ein Diskussionspapier vorlegte, war das Thema wie in diesem Jahr:
Was tun gegen die ständige Arbeitsplatzvernichtung?
Damals 1999 arbeiteten bei Opel in Bochum noch
14200 Beschäftigte, sieben Jahre früher waren es 19200 gewesen! Schon damals zitierten die
Kollegen in ihren Flugblättern die Betriebräte, die im Aufsichtsrat saßen: »Bis 2004
soll die Zahl auf 7000 oder 8000 herunter gefahren werden.« Dass es noch rund 9000 sind, ist also kein
Verdienst von GM.
Aber die Zahlen belegen auch: Die aktuelle
Entwicklung ist weder neu noch plötzlich aufgrund von »Managementfehlern« entstanden. Die
Pläne der Automobilunternehmen sind von langer Hand vorbereitet, sie richten sich nach der Entwicklung
von Produktivität und Profit, und Arbeitsplatzvernichtung findet ständig statt. Alle Versuche
etwa von Harald Schartau und anderen, die Pläne von GM in dieser Richtung schönzureden als
ob sie mit einem anderen, fähigeren Management vermeidbar wären müssen angesichts der
Tatsachen ins Leere laufen. Dass auch Linke sich an diesem Argument abarbeiten, macht es weder richtiger,
noch stärkt es die Opel-Kollegen in der Perspektive des Kampfes.
Neu dieses Jahr ist eher die konzertierte
Aktion aller großen Hersteller, angefangen bei Daimler-Benz, die ihre Belegschaft zu
Zugeständnissen erpressten, obwohl steigende Gewinne angekündigt (und den gewerkschaftlichen
Verhandlungsführern bekannt) waren, über VW, wo der bekannte Arbeitsdirektor Peter Hartz für
die Forderung nach 30% Senkung der gesamten Lohnkosten steht, bis hin zu Opel, wo die Verhandlungen
über Standorte und Belegschaften, Zugeständnisse und Löhne noch andauern. Sie steht im
Zusammenhang mit einer politischen Offensive der herrschende Klasse, die eine grundlegende Änderung
der bisherigen sozialstaatlich abgefederten Verhältnisse will, um in der Perspektive den Anteil der
Gewinne zulasten der Beschäftigten auszubauen.
Der von der Regierung unterstützte
Systemwechsel in den Sozialversicherungen und die Mobilisierung der Öffentlichkeit in den letzten
Wochen gegen die Hartz-IV-Gesetze hat allerdings den betroffenen Opel-Kollegen ihre Aussichten krasser als
früher vor Augen geführt und nicht unerheblich dazu beigetragen, dass Wut und Empörung in
Bochum zum Arbeitskampf führten.
Fragen bleiben an alle Beteiligten, vor allem
auch an die IG Metall, deren zweiter Vorsitzender Berthold Huber jüngst erneut die betriebsnahe
Tarifpolitik der Metallgewerkschaft lobte. In den letzten zwei Jahren gab es weit über 500
Einzelvereinbarungen mit Betrieben! Die Arbeitszeitflexibilisierung reicht meistens von 30 bis 40
Wochenstunden ohne Mehrarbeitszuschläge. Huber sagte auch den Kampf für
Arbeitszeitverkürzung ab das sei nicht erreichbar (Frankfurter Rundschau, 11.11.2004).
So steht vor allem die Frage, wieso es einer
der stärksten Gewerkschaften der Welt nicht gelingen kann, nach jahrelanger Arbeit wenigstens in
Europa einen Verbund der betroffenen Betriebe herzustellen, der gemeinsame Aktionen (und nicht nur
symbolische!) ermöglicht, basierend auf der Erkenntnis auch der Belegschaften aus den
osteuropäischen Ländern, dass die Verlagerung von Arbeitsplätzen sie genauso betrifft. Oder
auch basierend auf den Erfahrungen der Thatcher-Zeit in England, als die Gewerkschaften weitgehend
zerschlagen wurde. Das Menetekel an der Wand und die richtige Reaktion der Bochumer Belegschaft
wurde auf der Kundgebung in Bochum in keiner Weise für die Stärkung des Kampfes genutzt.
Soweit Belegschaftsvertreter anderer Betriebe
und anderer Gewerkschaften da waren, knüpfte man zu Recht an die kämpferischen Traditionen des
Reviers von Rheinhausen bis zu den 97er Bergbauaktionen an, auch an kämpferische Erfahrungen der Opel-
Belegschaft selber. So wichtig und richtig es war, der Belegschaft insgesamt einen Tag nach der Kundgebung
eine Urabstimmung zur Frage des Arbeitskampfs zu ermöglichen: allein dass die Fragestellung das Ende
des Kampfes mit Verhandlungen verband und nur zu beidem gleichzeitig ein »Ja« oder
»Nein« ermöglichte, zeigt, wie wenig die IG Metall sich und ihren Mitgliedern zutraut, wie
weit ihre Zugeständnisse vorprogrammiert sind. Hier kann eine noch so kämpferische Belegschaft
allein nicht genug ausrichten.
Rolf Euler
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