SoZSozialistische Zeitung |
Entdeckt habe ich Lila Downs für mich erst durch den Film Frida. So
unterschiedlich der Film aufgenommen wurde, so begeistert waren doch die meisten von der Filmmusik zu der
Lila Downs erheblich beigetragen hat. Zu sehen ist sie im Film als die singende Freundin von Frida Kahlo
und an dieser Attitude hat sich auch auf ihrer aktuellen CD nichts geändert.
»Als Tochter einer mixtec-indianischen
Sängerin und eines schottisch-amerikanischen Filmemachers und Malers, wuchs Lila Downs in der
südmexikanischen Provinz Oaxaca auf.« So steht es im Presseinfo des Labels, und allein dieser
Satz sagt eigentlich mehr über den Blick auf die Künstlerin aus als über sie selbst.
Amerika, das sind die USA und Oaxaca bringt ein wenig Exotik ins Bild. Lila Downs wuchs allerdings auch in
Minneapolis auf, wo ihr Vater Kunstprofessor war. Dort und in Los Angeles studierte sie Musik und
Anthropologie. Zum Gesang kam sie später, als sie wieder in Oaxaca lebte: »Es hat sehr lange
gedauert, bis ich mich entschloss zu singen. Etwas musste mich motivieren. Die Motivation waren die Lieder
der Menschen aus Oaxaca.«
Zum Glück hat es diese Motivation
gegeben. Ihre ausdrucksstarke Stimme, mit der sie scheinbar mühelos zwischen Oktaven, Genres und
Stimmungen in einer oft Gänsehaut erzeugenden Klarheit wandelt, würde fehlen. Fehlen würde
eine musikalische Größe, die als Crossover verschiedener Kulturen daherkommt, historisches
aufnimmt, ohne im Gestern steckenzubleiben und mit Humor ein felsenfestes Selbstbewusstsein ausstrahlt.
Da ist zum Beispiel auf ihrer neuen Produktion
La Cucaracha. Die Kennzeichnungen dieses Liedes reichen immer von »mexikanischer Schlager« bis
zum »Lied über die armen Anhänger Pancho Villas, die nur mit dem süßen Kraut in
der Zigarette in den Kampf ziehen wollten«. Letzteres ist ähnlich selbst im Pressinfo vom Pegrina
Label zu lesen. Doch einem Text, der im Hier und Heute steht und als Unterstützung für die
Zapatistas gelten kann, schickt sie die Erklärung voraus, dass die vom Diktator Porfirio Díaz
rekrutierten US Soldaten die Kakerlaken nur gedopt bereit waren, gegen die Revolution zu
marschieren. Diesen Corrido beginnt sie mit einer verzerrten Gitarre und reichert ihn später durch
Rap-Elemente an, doch getragen wird er von der traditionellen Melodie.
Ihr letztes Album La Linea, benannt nach der
über 3000 km langen Grenze zwischen Mexiko und den USA, war gewidmet den mexikanischen Migrantinnen
und Migranten, die beim Versuch, in die USA zu gelangen, ihr Leben verloren. La sangre ist
persönlicher und gleichzeitig hochpolitisch. Es ist feministisch im Sinne der politischen Relevanz von
Privatem. Die Musik des gleichnamigen Liedes selbst inspiriert von einer chilenischen Cumbia und der Text
beeinflusst von José Martí betonen dieses auf versöhnliche Weise. So ergeht sich das Album
auch nicht im Weltschmerz, selbst wenn dieser im Blues »Mother Jones« einmal anklingt.
Die Spannung der Themen finden sich bei Lila
Downs in der Spannung ihrer Stimme wieder, die Verbindung von Gegenwart und Historischem nicht nur im Text.
Deutlich wird sie in »Brown Paper People«: »Sieh einen verborgenen Kontinent / Sieh ein
verrücktes Paradies / Sieh die Götter, die Fremde in flüssigen Goldstädten sind / Sieh
die Menschen aus braunem Papier / Sieh den Fußstapfen und das Geld / Sieh den lustigen
Vogelschlangenmann / Sieh das Gold in seinem Garten.« Es geht nicht nur um die Kolonialisierung im
16.Jahrhundert. Es geht genauso um »den Freihandel und den Hunger«, und es geht letztendlich um
»alles um dich herum«.
Die Spannung entwickelt sich vor allem auch in
dem Bogen zwischen der Lokalität im Globalen. Diesem Bogen entspricht die Zusammensetzung der Band.
Die Musiker kommen aus den USA, Mexiko, Kuba, Brasilien, Paraguay, Chile und Japan. Vor allem musikalisch,
aber auch in den gewählten Sprachen wird der Bogen gespannt: So singt sie wenn auch selten
in Mixtec, Zapotec, Maya und Nahuatl, überwiegend in Spanisch oder Englisch. Vor allem ist es
die Entsprechung von inhaltlichem Anliegen und künstlerischem Ausdruck, der Lila Downs zu einer
Ausnahmemusikerin macht.
Zu guter Letzt sei noch angemerkt, dass Lila
Downs für diese CD mit dem Vierteljahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet wurde.
Wer jetzt über Geschenke nachdenkt: Ja, diese Kritik ist sicherlich auch als uneingeschränkter
Tip zu betrachten.
Thomas Schroedter
Informationen und Meinungen sollten keine Waren sein. Und Geld ist ein Fetisch.
Dennoch und ganz praktisch: Die Online-SoZ sieht nur umsonst aus. Wir brauchen Eure Euros.
Spendet steuerlich abzugsfähig!
VsP, Postbank Köln, BLZ 370100 50,
Kontonummer 603 95 04