SoZSozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Dezember 2004, Seite 21

6.Frauenpolitischer Ratschlag:

Interesse an Sozialismus

Über 1000 Frauen und Mädchen besuchten Ende Oktober den 6.Frauenpolitischen Ratschlag in Düsseldorf. Das waren zwar weniger als im Jahr 2002 (1700 Teilnehmerinnen), aber damit bleibt der Ratschlag immer noch die größte selbstorganisierte Veranstaltung der Frauenbewegung in Deutschland.
Begonnen hatte der als überparteiliche Plattform der gesamten Frauenbewegung konzipierte Ratschlag am Freitag mit einer »Reise zu den Frauen der Welt«. Hier stellten sich die internationalen Gäste in insgesamt 19 frauenpolitischen Länderberichten vor. Über 700 Frauen informierten sich hier über die Lage der Frauen und der Frauenbewegung weltweit.
Am Samstag fanden elf Foren und fünf Workshops statt. In diesem Teil des Ratschlags können Frauen und Frauengruppen eigene Veranstaltungen anmelden — der Ratschlag berät, was die Frauen selbst einbringen.
Diesmal zog sich die Thematisierung der weltweiten Auswirkungen der neoliberalen Politik von Sozialabbau und Deregulierung auf die Frauen wie ein roter Faden durch die Foren. Natürlich waren auch die Agenda 2010 und die Hartz-Gesetze Gegenstand der Beratungen. Die Mehrzahl der Frauen wollte an ihre Stelle Arbeitszeitverkürzung, existenzsichernde Mindestlöhne und ein bedingungsloses Grundeinkommen setzen.
Ein Höhepunkt des Ratschlags war das Forum »Begegnung zwischen Sozialismus und Feminismus«. Hier wurde sowohl eine inhaltliche Auseinandersetzung als auch ein Brückenschlag zwischen diesen emanzipatorischen Bewegungen gesucht. Sechs Frauen stellten feministische und sozialistische Analysen, Thesen und Visionen vor. 120 Teilnehmerinnen diskutierten fünf Stunden lang kontrovers darüber, um am Schluss festzustellen, dass dieser spannende Dialog fortgesetzt werden soll. Aus dem Forum heraus wurde die Initiative zur Bildung eines sozialistisch-feministischen Arbeitskreises ergriffen, der nun unter Sozialismus-und- Feminismus@web.de für interessierte Frauen erreichbar ist.
Inhaltlich dicht und mit praktischem Bezug zu konkreten Problemen präsentierten sich die fünf Workshops am Samstagnachmittag. Einer von ihnen griff die Probleme in Alltag und Arbeitsleben von illegal in Deutschland lebenden Frauen auf. Hier wurde ein Forderungskatalog erstellt, der ein »eigenständiges Aufenthaltsrecht für Ehepartner«, den »Schutz für die Opfer von Zwangsprostitution«, aber auch die »Legalisierung der Illegalisierten« und die »Straffreiheit für die Helferinnen« enthält. Die Teilnehmerinnen betonten wie wichtig es ist, dass die BRD die Kinderrechtskonvention der UN vorbehaltlos unterzeichnet, da sonst minderjährige Flüchtlinge oder illegalisierte Kinder rechtlos bleiben.
Aus den Foren wurde am Sonntag im Rahmen einer Podiumsdiskussion berichtet. Der Kämpferische Frauenrat hatte sie unter die Fragen gestellt: »Wie viel Vernetzung braucht die Frauenbewegung? Und mit wem?« »Wie organisieren wir uns für unsere Interessen?« Obgleich die Ergebnisse aus den Foren Impulse dazu gaben, blieben die Fragen offen.
Spürbar war während des gesamten Ratschlags eine Repolitisierung der Frauenbewegung. Sie zeigte sich in der Themenliste der Foren und Workshops, in zahlreichen Diskussionsbeiträgen und Gesprächen sowie darin, dass ein sehr kurzfristig angemeldetes, weder im Programm noch auf der Website angekündigtes Forum »FrauenAufbruch in die Politik« etwa 150 Teilnehmerinnen angezogen hatte.
Dennoch ist der Ratschlag nicht nur in der Zahl der Teilnehmerinnen, sondern auch in der Breite der vertretenen Organisationen und Meinungen hinter dem 5.Frauenpolitischen Ratschlag zurückgeblieben.
2002 waren mehr als 40 Organisationen vertreten, diesmal waren es nur 15 und Frauengruppen aus dem konfessionellen Bereich fehlten vollständig. Der neu gewählte Kämpferische Frauenrat wird die Aufgabe haben, auf dem 7.Frauenpolitischen Ratschlag die aktive und gleichberechtigte Mitwirkung wirklich der gesamten Frauenbewegung zu gewährleisten.

Edith Bartelmus-Scholich

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