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Die US-amerikanische Sängerin Madonna hat auf ihre Art, ein
Jahrhundertdilemma charakterisiert. Auf die Frage nach ihrem Verhältnis zu George Bush sagt sie
»Mir gefällt die Idee der Revolution. Aber ich glaube, dass Popstars eigentlich nicht als
Revolutionäre taugen, weil das ja bedeutet, dass man auch in Kauf nimmt, nicht mehr beliebt zu sein.
Und das ist es, was ein Popstar ist: populär.« So etwas könnte auch gut im Poesiealbum des
SPD-Vorsitzenden stehen. Der singt nicht so schön wie Madonna tut sie dies überhaupt?
, ist mit 29% Umfrageunterstützung für seine Partei wohl auch eher ein
Minoritätenprogramm als ein Popstar, aber auch er leidet so schön am realen Dasein und Image
seiner Partei.
Wer hätte das noch gedacht? Nach Ebert,
Noske, Schumacher, Brandt, Schmidt und Schröder, nach Burgfrieden, Kriegskrediten, Godesberger
Programm, Notstandsgesetzen, Kriegsbeteiligungen und Agenda 2010 nach 150 Jahren Verrat am
Internationalismus der Arbeiterbewegung erzeugt der alte Vorwurf, die Sozialdemokraten seien
vaterlandslose Gesellen, immer noch Emotionen.
In der Debatte um den Beitritt der Türkei
in die Europäische Union hatte sich der CSU-Abgeordnetensprecher Michael Glos als Motivforscher
versucht, warum Gerhard Schröder wohl für den Beitritt der Türkei sei: »Diejenigen,
die derzeit Deutschland führen, haben mit Deutschland überhaupt nichts am Hut. Man macht
Deutschland für einmalige Verbrechen in der Vergangenheit als Land verantwortlich. Daher rührt
auch so eine Art Deutschenhass in manchen Kreisen, weshalb man in Teilen der Linken hofft, dass es
Deutschland nicht mehr gibt.«
Derlei Entglosung hat den Franz
Müntefering mächtig auf die Palme gebracht. Er schrieb an die »Sehr geehrte Frau
Dr.Merkel«: »Diese Unverschämtheit, die auf die deutsche Sozialdemokratie gezielt ist, weise
ich zurück. Sie ist voller Verlogenheit in der Sache und sie ist niederträchtig im Stil. Ich
halte es für erforderlich, dass sie Herrn Glos zu einer Entschuldigung veranlassen oder die
Angelegenheit selbst klarstellen … Die Diffamierungen des Herrn Glos sind empörend und vergiften
das politische Klima in unserer Demokratie.«
Nun gehts für die SPD bei ihrer
vorgeblich populären Pflichterfüllung kaum noch tiefer in den Enddarm der Bourgeoisie und doch
kann die Gegenseite, die ja schon lange kein Gegen mehr ist, immer noch einen alten Reflex rauskitzeln: Wir
sind die teutschesten Teutschen. Herr Glos hat es uns mal wieder aufgezeigt: nur ein toter Sozialdemokrat
ist ein guter, ein deutscher Sozialdemokrat. Und selbst ein Kotau bis zum Erdmittelpunkt befreit einen
Herrn Müntefering nicht vom antideutschen Makel.
Es sind wahrscheinlich auch Sozialdemokraten,
die im Ordnungsamt der Stadt Dresden eine denkwürdige Entscheidung getroffen haben. Das hat zwei
Anmeldern der Montagsdemonstrationen die Auflage erteilt, die Teilnahme von Neonazis an der Demonstration
zu dulden und sie »im Prinzip« sogar auch reden zu lassen. Auf einer öffentlichen
Veranstaltung, so die Begründung, müssten alle teilnehmen dürfen, solange sie friedlich
sind. Die friedlichen Stiefeldeutschen werden in ihrer Arbeit von friedlichen Schreibtischdeutschen
geschützt. Kleine willige Vollstrecker, den eine formale Rechtsauslegung dem politischen und gesunden
Menschenverstand überordnen.
Aber den deutschen Herren wird auch dies noch
nicht reichen. Sie möchten statt Madonna, die noch blödere Sängerin aus Amiland, Britney
Spears, zum Leitbild machen: die antwortete auf die gleiche Frage, »Ganz ehrlich: Ich finde, wir
sollten unseren Präsidenten unterstützen, egal welche Entscheidung er trifft. Wir müssen ihm
einfach nur vertrauen.«
Thies Gleiss
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