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Weitgehend unstrittig ist der Imperialismusbegriff im heutigen
wissenschaftlichen Diskurs für die Zeit zwischen den 1870er Jahren bis 191417/18, das Zeitalter
des klassischen Imperialismus. Die Zeit danach wird im Allgemeinen als eine Überwindung des
klassischen Imperialismus interpretiert, als Zeit eines verschleierten Imperialismus. In den Jahren
19451989 sei dann, nach der Lehrmeinung dieses Mainstreams, ein Nachimperialismus dominant geworden,
der durch das Ende der Kolonialreiche und eine friedliche zwischenstaatliche Konkurrenz gekennzeichnet war.
Die zuletzt erwähnten Theorien Lügen
strafend, ist mit Ende des Ostblocks ein Zustand eingetreten, der manche Beobachter nicht nur an die
verworrene Lage auf dem Balkan von 1914 erinnert die Rückkehr des offenen Imperialismus.
Tagtäglich beweisen die Machthaber in den Metropolen, dass für sie Friedensfähigkeit des
Kapitalismus nur in einer historischen Ausnahmesituation des möglichen gegenseitigen Vernichtens der
Konkurrenzsystem funktionierte. Neben den eigentlich militärisch aktiven Imperialisten in den USA
entwickelt sich dabei auch in Deutschland und Frankreich mehr und mehr das Bedürfnis, die sich
wandelnde Welt nach eigenem Gusto umzugestalten. Die beiden Staaten sind daher Motoren einer Entwicklung,
die die EU und den Euro-Imperialismus als supranationale Struktur möglich machen könnte, indem
sie die militärischen Potenziale zur »humanitären« Intervention ausbaut.
Für die Linke ergibt sich aus dieser
Entwicklung die zwingende Notwendigkeit, ihr theoretisches Instrumentarium auf die Höhe der Epoche zu
bringen. Ein erster Schritt in dieser Richtung soll der erste Band einer »Edition Linke
Klassiker« im engagierten Wiener Promedia-Verlag sein ein Reader mit Texten von N.I.Bucharin,
Rudolf Hilferding, John A. Hobson, Karl Kautsky, W.I.Lenin und Rosa Luxemburg. Der Band soll den mit diesen
prominenten Namen verbundenen Erkenntnisstand in der Imperialismusdiskussion in leicht verständlicher
Form einem von den Kontroversen innerhalb der Neuen Linken nach 1968 weitgehend unbeeinflussten Publikum
präsentieren.
Die beschönigend
»Globalisierung« genannte Verheerung der Welt bis in die letzten Winkel und Ecken hinein, macht
jedoch ein Fortschreiten über diesen Erkenntnisstand hinaus unabdingbar. Dazu liefert der Herausgeber
Stefan Bollinger in seinem Vorwort ebenfalls Denkanstöße, indem er nicht nur abstrakt auf die
Notwendigkeit einer Unterscheidung zwischen dem ökonomisch bestimmenden Monopolkapitalismus und dem
politisch agierenden Imperialismus verweist, sondern diese Differenz konkret mit einem Zitat des US-
Politologen Zbigniew Brzezinski über die »Professionalisierung« der Machtansprüche der
Supermacht USA untermauert:
»Amerika steht in den vier entscheidenden
Domänen globaler Macht unangefochten dar: seine weltweite Militärpräsenz hat nicht
ihresgleichen, wirtschaftlich gesehen bleibt es die Lokomotive weltweiten Wachstums, selbst wenn Japan und
Deutschland in einigen Bereichen eine Herausforderung darstellen mögen; es hält seinen
technischen Vorsprung in den bahnbrechenden Innovationsbereichen, und seine Kultur findet trotz einiger
Mißgriffe nach wie vor weltweit, vor allem bei der Jugend, unübertroffenen Anklang.«
Fritz Keller
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