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Mitte November trafen sich, unter dem Dach der Berliner Heinrich-Böll-
Stiftung und organisiert vom stiftungsunabhängigen Netzwerk »Forum Männer in Theorie und
Praxis der Geschlechterverhältnisse« (»www.forum-maenner.de«), rund 50 Männer und
Frauen zu einer Fachtagung über »Männer und Arbeit«.
Den Einstieg ins Thema gewährten
streitbare Thesen von Stephan Höyng und Ralf Puchert (beide »Dissens e.V.«, Berlin): Das
männliche Normalarbeitsverhältnis (Vollzeit, angestellt, unbefristet) sei europaweit
minoritär geworden, jedoch das momentan hegemoniale Männlichkeitsmodell geblieben, mit den
Kapital-Männern als Hegemon darin. Ihre zentrale Orientierung ist die für Linke brisante
skandinavische Familienpolitik, welche aktiv Väter in die Kindererziehung bzw. Frauen in die
Erwerbstätigkeit einbezieht, aber das Kapitalverhältnis unangetastet lässt.
Im Anschluss hieran setzte sich der
Kölner Journalist und Autor Thomas Gesterkamp mit der »Krise der Kerle« im Kontext der
Hartzgesetze auseinander und entwickelte die Prognose, die Erwerbslosigkeit könnte zu einem
überwiegend männlichen Problem werden (v.a. für alte, migrantische und randständige
Männer). Erwerbslose Männer erlebten nunmehr, da ihr Einkommen nicht mehr für die Familie
reiche, soziale Situationen der Unsicherheit, die Frauen bereits seit langem vertraut seien.
Politisches Highlight der Tagung war das
Plädoyer des Bremer Arbeitswissenschaftlers Helmut Spitzley für die 32-Stunden-Woche, allerdings
ohne vollen Lohnausgleich. Kindererziehung sei jenseits des Lohns als gesellschaftliche Aufgabe zu fassen
und zu finanzieren. Mit sichtlicher Enttäuschung vermerkte er, dass der Offene Brief »Väter
gegen länger« (gegen Arbeitszeitverlängerung, vgl. SoZ 10/04) zwar viele prominente
Unterschriften, aber wenig Resonanz gefunden habe.
Anneli Rüling und Karsten Kassner vom
Forschungsprojekt »Geschlechterdemokratie in der Erwerbs- und Familienarbeit« erörterten
abschließend die strukturellen Gründe für die faktische Kontinuität
geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung trotz nachweisbaren Wandels der Einstellungen hierzu, wobei sie den
gesellschaftlichen Rahmenbedingungen die Hauptverantwortung hierfür zusprechen und nicht die
Individuen beschuldigen.
Dem Einwurf, es bedürfe zu diesem Zweck
einer außerparlamentarischen männer-, frauen- und geschlechterpolitischen Bewegung im
Schulterschluss mit den sozialen Bewegungen, erwiderte die Referentin, eines ihrer Ergebnisse sei eben,
dass es eine solche private und nicht explizit politische Bewegung jenseits der Bewegung gebe. Die Frage
sei: Wie komme ich an diese Leute heran? Leider fand der Vorschlag, sich auf dem Ersten Sozialforum in
Deutschland im Juli 2005 zum Thema Männerpolitik einzubringen, einstweilen kein ausreichendes Echo.
Klaus Drechsel
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