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Hkh »Zum Schutz der Schüler«, begründet Annette Schavan,
Kultusministerin von Baden-Württemberg (CDU), das im August 2004 in Kraft getretene Berufsverbot gegen
den Heidelberger Realschullehrer Michael Csaszkóczy. Das sahen rund 1000 Demonstrierende anders, die
am 23.Oktober dagegen auf die Straße gingen. Getragen hatte den Protest ein Bündnis aus der
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Menschenrechtsorganisationen, antifaschistischen Gruppen,
Studentenschaften, Parteien und Roter Hilfe bislang der Höhepunkt einer anhaltenden Kampagne.
Was war geschehen? Csaszkóczy wurde nach seinem Referendariat in einem »vertieften
Einstellungsgespräch« vorgehalten, Mitglied in der »Antifaschistischen Initiative
Heidelberg« und Anmelder von Demonstrationen zu sein. Zudem habe er eine Broschüre über eine
Widerstandsgruppe im Faschismus geschrieben und sich darin für »basisdemokratische
Verhältnisse« und »Militanz als ein legitimes Mittel der Befreiung« ausgesprochen.
Vorgeworfen wurde ihm auch, sich schützend vor ein Flüchtlingsheim gestellt und sich an einem
Versuch, einen Naziaufmarsch zu verhindern, beteiligt zu haben.
Diese Renaissance der Berufsverbotspraxis
erinnert schlagartig an den 1972 unter dem damaligen Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) verabschiedeten
»Radikalenerlass«, der in der alten BRD rund 11000 offizielle Verfahren, 256 Entlassungen und
2.200 Disziplinarverfahren zur Folge hatte überwiegend gegen DKP-Mitglieder. Dank breiter
Öffentlichkeitsarbeit betroffener Personen und deren Organisationen sorgte die Verbotspraxis dereinst
bundesweit wie international für Aufmerksamkeit und bereicherte etwa den französischen
Wortschatz um die Vokabel le berufsverbot.
Auch Michael Csaszkóczy geht mit seiner
Situation entsprechend politisch um und fand mittlerweile Beachtung durch Fernsehbeiträge wie Artikel
auch in bürgerlichen Medien. Was seine Stellungnahmen anbelangt, so zeigt er sich keinesfalls
eingeschüchtert: »Frau Schavan hat mit ihrem Beschluss, mein Berufsverbot zu bestätigen,
mich ganz offiziell zum Staatsfeind erklärt. Von einer Frau, die nicht müde wird, den furchtbaren
NS-Juristen Filbinger als Freund dieses Staates zu präsentieren ... will ich das gerne als besondere
Auszeichnung annehmen«, so Csaszkóczy in einer Rede auf der besagten Demonstration, in der er
kurzerhand den Ankläger zum Angeklagten macht:
»Tatsächlich misstraue ich einem
Staat, der wie in meinem Fall offen zugegeben Oppositionelle über 15 Jahre hinweg
bespitzeln lässt, um später zuzuschlagen und ihre berufliche Existenz zu vernichten.
Tatsächlich kann ich mir etwas Besseres vorstellen als eine Demokratie, die zentrale Machtbereiche
vor allem in der Wirtschaft jeder gesellschaftlichen Kontrolle entzieht und all diejenigen,
die dies nicht akzeptieren wollen, zu ›Feinden der Demokratie‹ erklärt. Tatsächlich
betrachte ich es nicht nur als legitim, sondern als notwendig, sich im Kampf gegen alte und neue Faschisten
nicht auf die deutsche Polizei zu verlassen, sondern ihnen entschlossen entgegenzutreten. Tatsächlich
bin ich nicht bereit, deutsche Angriffskriege von den Verbrechen, die sie waren und sind, in
›humanitäre Operationen‹ umzulügen … Tatsächlich halte ich es für
falsch und gefährlich, sich im Kampf gegen Rassismus, Ausbeutung, Antisemitismus und Sexismus auf
Parlamentsbeschlüsse zu verlassen.«
Die Solidaritätskampagne ging in erster
Linie vom Heidelberger Solidaritätskomitee aus und wird von der bundesweit organisierten Roten Hilfe
aktiv mitgetragen. Zudem unterstützt auch die GEW die Solidaritätsarbeit weitgehend vorbehaltlos.
In den vergangenen Monaten wurden in zahlreichen Städten Veranstaltungen, auf denen neben
Csaszkóczy häufig ein ehemals von Berufsverbot Betroffener referierte, oftmals gemeinsam von
Ortsgruppen der Roten Hilfe und der GEW durchgeführt. So wird auch in gewerkschaftlichen Organen
über den Fall berichtet. Mehr noch: Im November 2004 hatten u.a. die GEW Hamburg und die Rote Hilfe
eine Konferenz zum Thema organisiert. Ilona Wilhelm, zweite Vorsitzende der GEW, erklärte dort:
»Solidarität gehört für die GEW ebenso wie der Kampf um bessere Arbeitsbedingungen und
Tarife zum Kerngeschäft einer Gewerkschaft … Wir fordern Annette Schavan auf, das Berufsverbot
gegen Michael Csaszkóczy zurückzunehmen.«
Die gewerkschaftliche Solidarität ist
besonders erfreulich, wenn man bedenkt, dass es innerhalb der GEW bisweilen auch zum schlechten Ton
gehört, interne linke Strömungen auszuspielen. So etwa geschehen 2003 mit dem oppositionellen
Zeitungsprojekt prekär des Landesverbandes Hessen für die Beschäftigten in der
Weiterbildung, das nun inhaltlich vergleichsweise konform unter gleichem Namen vom GEW-
Hauptvorstand herausgegeben wird.
Eine weitere Öffnung der GEW nach links
scheint nötig, denkt man über den genannten Berufsverbotsfall hinaus an Herausforderungen im Zuge
von Hartz IV. 1-Euro-Jobs für arbeitslose Lehrerinnen und Lehrer an Schulen, Verlängerung von
Arbeitszeiten und andere tarifliche Beschneidungen sowie eine Kahlschlagspolitik im Weiterbildungssektor
sind nur einige Stichworte, bei denen man ohne grundlegenderen Protest vermutlich nicht sehr weit kommen
wird.
Mario Tal
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