SoZSozialistische Zeitung |
Socialist Register ist seit vielen Jahrzehnten das bedeutendste Jahrbuch der
internationalen sozialistischen Linken. In Deutschland wird der englischsprachige Band über den
Hamburger VSA-Verlag vertrieben (zum Preis von 22,80 Euro: www.vsa-verlag.de). Im Folgenden
veröffentlichen wir Auszüge aus dem Vorwort des soeben erschienen Jahresband 2005
(Übersetzung: Christoph Jünke).
Dieses, das 41., Socialist Register ist ein
Ergänzungsband zu dem ausgesprochen erfolgreichen Jahrbuch 2004 über die neue imperiale
Herausforderung (The New Imperial Challenge [vgl. dazu SoZ 12/03]). Ursprünglich als ein Band geplant,
erwies sich dieser schon bald als zu umfangreich. Nun bilden beide ein zusammengehöriges Paar. The New
Imperial Challenge behandelte die allgemeine Natur der neuen imperialen Ordnung wie sie zu
erklären und zu verstehen ist, welches ihre Stärken und Schwächen sind. The Empire Reloaded
(»Das neu aufgeladene Imperium«) rundet ihn ab mit Analysen zu Finanzen, Kultur und den Wegen,
auf denen der neue Imperialismus die großen Regionen der Welt durchdringt: Kleinasien,
Südostasien, Indien, China, Afrika, Lateinamerika, Russland, Europa.
Die beiden Bände sind auf verschiedene
Weise miteinander verbunden. Alle Aufsätze betrachten den globalisierten Kapitalismus und den US-
Imperialismus als zwei Dimensionen eines einzigen Phänomens ein Punkt, der besonders explizit
wird in Stephen Gills Überblickessay in diesem Band (»The Contradictions of US Supremacy«).
Alle erkennen an, dass das, was die US-
Überlegenheit innerhalb der neuen imperialen Weltordnung besonders auszeichnet, nicht ihre
Militär- und Überwachungsmacht ist, so groß sie auch sein mag, sondern die Durchdringung der
Staatsapparate, Ökonomien und Sozialstrukturen der anderen führenden kapitalistischen Länder
durch den US-Staat, die US-Firmen und die US-Werte.
Die Beiträge unterscheiden sich dennoch
in verschiedenerlei Aspekten. Der eine ist die Frage, inwieweit innerimperialistische Rivalitäten in
der neuen globalen Ordnung auch weiterhin anhalten. Eine andere betrifft das Ausmaß der
Stabilität der US-Ökonomie und der US-geführten globalen Finanzstrukturen.
Die Aufsätze von Paul Cammack über
Lateinamerika (»›Signs of the Times‹: Capitalism, Competitiveness and the New Face of
Empire in Latin America«) und Boris Kagarlitzki über Russland (»The Russian State in the Age
of American Empire«) legen eine bedeutende Konkurrenz und Rivalität zwischen den USA und Europa
nahe, und dass dies der US-Vorherrschaft ernsthafte Beschränkungen auferlegt.
Die Aufsätze von Leo Panitch und Sam
Gindin (»Finance and American Empire«) und Christopher Rude (»The Role of Financial
Discipline in Imperial Strategy«) unterstellen der US-dominierten globalen Ökonomie und ihren
Finanzstrukturen eine, in eine globale Finanzhierarchie eingebundene, innere Stärke und Effizienz, aus
deren Stabilität alle führenden kapitalistischen Staaten und deren herrschende Klassen einen
entscheidenden, kollektiven Nutzen ziehen.
Die Aufsätze spiegeln auch die
Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf die linken Antworten auf den Neoliberalismus und die US-
Vorherrschaft wider. In diesem Band betonen die Beiträge von Gerard Greenfield (»Bandung redux:
Anti-Globalization Nationalisms in Southeast Asia«), Vivek Chibber (»Reviving the Developmental
State? The Myth of the ›National Bourgeoisie‹«), Yuezhi Zhao (»The Madia Matrix:
Chinas Integration into Global Capitalism«) and Harriet Friedman (»Feeding the Empire. The
Pathologies of Globalized Agriculture«) die Notwendigkeit tiefer greifender Analysen des
Neoliberalismus durch antikapitalistische und antiimperialistische Massenbewegungen und eine
selbstkritischere Analyse ihrer eigenen Strategien.
John Grahl (»The European Union and
American Power«), Dorothee Bohle (»The EU and Eastern Europe: Failing the Test as a Better World
Power«) und Frank Deppe (»Habermas Manifesto for a European Renaissance: A Critique«)
stellen die in manchen linken Kreisen beliebte Idee in Frage, dass ein auf vermeintlich reguliertem
Kapitalismus und auf Rechten gestützter Internationalismus eines »sozialen Europa« eine
lohnende und realistische Alternative zur US-geführten Globalisierung sei.
Ein anderer starker Themenstrang dieses Bandes
ist sein Fokus auf Kultur, im weitesten Sinne von Varda Burstyns Darstellung des Ausmaßes, in
dem selbst die am meisten fantastischsten Elemente von Huxleys und Orwells dystopischen Albträumen im
imperialistischen Kernland bereits realisiert sind, oder in Kürze sein werden (»The New Imperial
Order Foretold«), über Scott Forsyth Analyse der Natur und des außerordentlich um sich
greifenden Einfluss von Hollywoods herausragendstem Produkt, dem »Action«-Blockbuster
(»Hollywood Reloaded: The Film as Imperial Commodity«), bis zu Yuezhi Zhaos Untersuchung der
Rolle der US-Medienmacht in der Wandlung Chinas zum Kapitalismus (s.o.).
Wir glauben, dass die beiden Bände
zusammengenommen einen bis dato unübertroffenen Wegweiser durch den neuen Imperialismus und seine
Widersprüche bieten.
Leo Panitch/Colin Leys
Informationen und Meinungen sollten keine Waren sein. Und Geld ist ein Fetisch.
Dennoch und ganz praktisch: Die Online-SoZ sieht nur umsonst aus. Wir brauchen Eure Euros.
Spendet steuerlich abzugsfähig!
VsP, Postbank Köln, BLZ 370100 50,
Kontonummer 603 95 04