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Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Februar 2005, Seite 21

Socialist Register 2005: The Empire Reloaded (Hg. Leo Panitch/Colin Leys) 340 Seiten, 22,80 Euro

Wegweiser durch den neuen Imperialismus

Socialist Register ist seit vielen Jahrzehnten das bedeutendste Jahrbuch der internationalen sozialistischen Linken. In Deutschland wird der englischsprachige Band über den Hamburger VSA-Verlag vertrieben (zum Preis von 22,80 Euro: www.vsa-verlag.de). Im Folgenden veröffentlichen wir Auszüge aus dem Vorwort des soeben erschienen Jahresband 2005 (Übersetzung: Christoph Jünke).
Dieses, das 41., Socialist Register ist ein Ergänzungsband zu dem ausgesprochen erfolgreichen Jahrbuch 2004 über die neue imperiale Herausforderung (The New Imperial Challenge [vgl. dazu SoZ 12/03]). Ursprünglich als ein Band geplant, erwies sich dieser schon bald als zu umfangreich. Nun bilden beide ein zusammengehöriges Paar. The New Imperial Challenge behandelte die allgemeine Natur der neuen imperialen Ordnung — wie sie zu erklären und zu verstehen ist, welches ihre Stärken und Schwächen sind. The Empire Reloaded (»Das neu aufgeladene Imperium«) rundet ihn ab mit Analysen zu Finanzen, Kultur und den Wegen, auf denen der neue Imperialismus die großen Regionen der Welt durchdringt: Kleinasien, Südostasien, Indien, China, Afrika, Lateinamerika, Russland, Europa.
Die beiden Bände sind auf verschiedene Weise miteinander verbunden. Alle Aufsätze betrachten den globalisierten Kapitalismus und den US- Imperialismus als zwei Dimensionen eines einzigen Phänomens — ein Punkt, der besonders explizit wird in Stephen Gills Überblickessay in diesem Band (»The Contradictions of US Supremacy«).
Alle erkennen an, dass das, was die US- Überlegenheit innerhalb der neuen imperialen Weltordnung besonders auszeichnet, nicht ihre Militär- und Überwachungsmacht ist, so groß sie auch sein mag, sondern die Durchdringung der Staatsapparate, Ökonomien und Sozialstrukturen der anderen führenden kapitalistischen Länder durch den US-Staat, die US-Firmen und die US-Werte.
Die Beiträge unterscheiden sich dennoch in verschiedenerlei Aspekten. Der eine ist die Frage, inwieweit innerimperialistische Rivalitäten in der neuen globalen Ordnung auch weiterhin anhalten. Eine andere betrifft das Ausmaß der Stabilität der US-Ökonomie und der US-geführten globalen Finanzstrukturen.
Die Aufsätze von Paul Cammack über Lateinamerika (»›Signs of the Times‹: Capitalism, Competitiveness and the New Face of Empire in Latin America«) und Boris Kagarlitzki über Russland (»The Russian State in the Age of American Empire«) legen eine bedeutende Konkurrenz und Rivalität zwischen den USA und Europa nahe, und dass dies der US-Vorherrschaft ernsthafte Beschränkungen auferlegt.
Die Aufsätze von Leo Panitch und Sam Gindin (»Finance and American Empire«) und Christopher Rude (»The Role of Financial Discipline in Imperial Strategy«) unterstellen der US-dominierten globalen Ökonomie und ihren Finanzstrukturen eine, in eine globale Finanzhierarchie eingebundene, innere Stärke und Effizienz, aus deren Stabilität alle führenden kapitalistischen Staaten und deren herrschende Klassen einen entscheidenden, kollektiven Nutzen ziehen.
Die Aufsätze spiegeln auch die Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf die linken Antworten auf den Neoliberalismus und die US- Vorherrschaft wider. In diesem Band betonen die Beiträge von Gerard Greenfield (»Bandung redux: Anti-Globalization Nationalisms in Southeast Asia«), Vivek Chibber (»Reviving the Developmental State? The Myth of the ›National Bourgeoisie‹«), Yuezhi Zhao (»The Madia Matrix: China‘s Integration into Global Capitalism«) and Harriet Friedman (»Feeding the Empire. The Pathologies of Globalized Agriculture«) die Notwendigkeit tiefer greifender Analysen des Neoliberalismus durch antikapitalistische und antiimperialistische Massenbewegungen und eine selbstkritischere Analyse ihrer eigenen Strategien.
John Grahl (»The European Union and American Power«), Dorothee Bohle (»The EU and Eastern Europe: Failing the Test as a Better World Power«) und Frank Deppe (»Habermas‘ Manifesto for a European Renaissance: A Critique«) stellen die in manchen linken Kreisen beliebte Idee in Frage, dass ein auf vermeintlich reguliertem Kapitalismus und auf Rechten gestützter Internationalismus eines »sozialen Europa« eine lohnende und realistische Alternative zur US-geführten Globalisierung sei.
Ein anderer starker Themenstrang dieses Bandes ist sein Fokus auf Kultur, im weitesten Sinne — von Varda Burstyns Darstellung des Ausmaßes, in dem selbst die am meisten fantastischsten Elemente von Huxleys und Orwells dystopischen Albträumen im imperialistischen Kernland bereits realisiert sind, oder in Kürze sein werden (»The New Imperial Order Foretold«), über Scott Forsyth‘ Analyse der Natur und des außerordentlich um sich greifenden Einfluss von Hollywoods herausragendstem Produkt, dem »Action«-Blockbuster (»Hollywood Reloaded: The Film as Imperial Commodity«), bis zu Yuezhi Zhaos Untersuchung der Rolle der US-Medienmacht in der Wandlung Chinas zum Kapitalismus (s.o.).
Wir glauben, dass die beiden Bände zusammengenommen einen bis dato unübertroffenen Wegweiser durch den neuen Imperialismus und seine Widersprüche bieten.

Leo Panitch/Colin Leys

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