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Allein die Vorstellung, sich in einem engen Raum mit Kobras und Pythons zu
befinden, lässt einen schon die Nackenhaare zu Berge stehen. Viel schlimmer trifft es die Bangkoker
Polizisten Sonchai und Pichai: Bei der Observation des GI Bradley bleiben sie im üblichen Verkehrsstau
der thailändischen Metropole stecken, treiben den Mercedes mit einiger Mühe wieder auf und finden
die Leiche des Amerikaners in einem Gewimmel hochgiftiger Schlangen auf Droge. Pichai selbst wird von einer
Kobra gebissen und stirbt.
Trotz seiner nach außen hin gewahrten
Ruhe bricht für Sonchai ein Teil seiner Existenz zusammen. Pichai war nicht nur sein Kollege, zeit
ihres Lebens waren sie Freunde, beide Kinder von Prostituierten, aufgewachsen im 8.Bezirk, dem Horror des
Gefängnisses wegen eines begangenen Totschlags entkamen sie nur durch Eintritt in ein Kloster und ihr
Gelöbnis, nichtkorrupte Polizisten zu werden.
Sonchai macht sich auf die Suche nach dem
Mörder des amerikanischen Soldaten, der am Ende seiner militärischen Laufbahn begonnen hatte, mit
Jadeskulpturen zu handeln. Von der US-Botschaft wird ihm die Mitarbeit der FBI-Agentin Jones
aufgedrängt, die in ihrer kulturellen Ahnungslosigkeit keine allzu große Hilfe ist.
Schwierigkeiten bereitet ihm auch sein Vorgesetzter, der sich offensichtlich bestechen lässt und dies
auch noch für notwendig hält, um gegenüber konkurrierenden Polizeichefs bestehen zu
können. Sonchai hetzt durch Bangkok, untersucht unterschiedliche Spuren im Drogenschmuggel und
Antiquitätenhandel, und spürt dem Phantom einer unwahrscheinlich schönen Frau nach, die mit
Bradley befreundet gewesen sein soll. Und dann ist da noch seine Mutter, die sich aus dem 8.Bezirk
zurückgezogen hat und nun, in Zeiten von Viagra und angesichts des enormen finanziellen Potenzials
einsamer alter Männer aus dem Westen, Gedanken darüber macht, wieder in ihr altes Gewerbe
einzusteigen.
John Burdett schafft es in Der Jadereiter, dem
alten Aufeinanderprall von west-östlicher Kultur und Ausbeutungsverhältnissen neue Akzente zu
verleihen, die seit dem Einfall der US-Soldaten während des Vietnamkriegs in die thailändische
Gesellschaft neue bizarrere und brutalere Formen angenommen hat: Körper und Seelen werden
hergerichtet, um dem Elend zu entkommen und verquere Sehnsüchte zu befriedigen.
Udo Bonn
Informationen und Meinungen sollten keine Waren sein. Und Geld ist ein Fetisch.
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