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Von bleibend dubioser Qualität sind seit 20 Jahren die Behauptungen der
US-Geheimdienste, dass der Iran die Atomwaffe will. Angeblich hatte das Land sich schon 1993 aus der
ehemaligen Sowjetunion atomar versorgt. Das wurde schnell wieder vergessen. Jüngst hieß es in der
New York Times, dass eine US-Regierungskommission den Wissenstand der US-Geheimdienste über den Iran
als »skandal«- und »besorgniserregend« gering kennzeichne.
Es gibt eine Reihe von Indizien für ein
mögliches iranisches Atomwaffenprogramm wie ein umfassendes ziviles Atomprogramm, die Produktion
kleiner Mengen Plutonium und angereichertem Uran und ein atomwaffenfähiges Raketenprogramm aber
es gibt keine »smoking gun«.
Ist eine iranische Atomwaffe der einzige Grund
für militärische Drohungen?
Angesichts der Rechtfertigungen des Irakkriegs
mit Massenvernichtungswaffen lassen die fehlenden Beweise für ein iranisches Atombombenprogramm die
aggressive Haltung der USA als vorgeschoben erscheinen. Atomwaffen sind ein ultimatives Mittel zum Zweck.
Sie sichern die Vormachtsstellung für eine militärische Umgestaltung des Iran als missliebiges
Regime. Doch Atomwaffen haben auch so etwas wie ein Eigenleben, wenn sich die US-Interessen eigener
militärischer Vorteilssicherung mit der Ressourcensicherung im Rahmen ihrer globalen
Neuordnungsstrategie vermengen.
Der aktuelle Wechsel der USA zu einer
unterstützenden Haltung gegenüber der EU-Verhandlungslinie hebt die militärische Option
nicht auf. Es ist »vitales nationales« Interesse der USA und hier reiht sich Israel ein
, ihren Atomwaffenvorsprung in einer der explosivsten Regionen der Welt zu wahren und kein
Gleichgewicht des Schreckens zuzulassen. Dieses Ziel wird mit Mitteln des konventionellen und nuklearen
Krieges gesichert, dafür werden Pläne gemacht, dafür trainiert das Militär. Der
Sicherheitsexperte Otfried Nassauer sieht den gegenwärtigen »soft approach« im Zusammenhang
mit den israelisch-palästinensischen Verhandlungen was zugleich ein Zeitfenster für die
Dauer dieser »weicheren« US-Haltung vorgibt.
Die europäische Intervention bietet vor
diesem Hintergrund keine Lösungsangebote für die Sicherheitsbedürfnisse des Iran und
zementiert faktisch die Stellung Israels in der Region. Der deutsche Beitrag zur Entwicklung der vor
allem israelischen militärischen Option ist dabei besonders unrühmlich. Die IPPNW weist
seit Monaten darauf hin, welche Brisanz die Lieferung weiterer zu Atomwaffenträgern
ausbaufähiger U-Boote (die ersten drei waren Milliarden-Geschenke an Israel) hat.
Die nationale Sicherheitslage des Iran
erklärt neben dem grundsätzlichen Gewinn an machtpolitischem Status den Griff zur Bombe. Die USA
sind strategisch um den Iran aufgestellt. Sie haben eine Atomwaffendoktrin, die den Ersteinsatz gegen
unliebsame Systeme, Terroristen und Massenvernichtungswaffen rechtfertigt. Zusätzlich ist der Iran
durch die Atombomben Israels und durch den mit den USA verbündetem Atomwaffenstaat Pakistan bedroht.
Die atomare Rüstung der USA und ihres
engen Verbündeten Israels befeuern einen gefährlichen Automatismus der »ungleichgewichtigen
atomaren Kompensation« (Mohssen Massarat). Jeder, der sich auf die »Rüstungsspirale des
Schreckens« einlässt, dreht an ihr mit. Das kann »aktiv« durch den gegen den
Nichtverbreitungsvertrag verstoßenden Erhalt und Modernisierung der eigenen Atomwaffen oder durch das
Streben nach eigener Nuklearbewaffnung geschehen. Es kann aber auch »passiv« durch die Duldung
der zugrunde liegenden Doktrin, durch die Lagerung fremder Atomwaffen auf eigenem Boden bis zu
Waffengeschäften z.B. mit Saudi-Arabien oder Israel befördert werden.
Der Besitz oder der Griff zur Atomwaffe ist so
wenig akzeptabel wie die angedrohte oder durchgeführte kriegerische Aggression. Die Großregion
würde ins Chaos abgleiten und das internationale Rüstungskontroll- und Abrüstungsgefüge
besonders der Atomwaffensperrvertrag erst einmal sein Ende finden. Was folgt wäre
völlig offen. Die IPPNW fordert in dieser Situation entschiedene diplomatische Bemühungen und
Initiativen, die die Grundprobleme regionaler Sicherheit und des Nichtverbreitungsvertrags angehen und
regen für die Region eine regionale Sicherheitskonferenz nach dem Vorbild der KSZE an. Zudem setzen
wir uns für eine atomwaffenfreie Zone im gesamten Mittleren Osten ein und fordern den Stopp deutscher
Waffenlieferungen.
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