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Im Frankfurter »Römer«, der soeben seinen 600.Geburtstag
feiert, brachte die kleine PDS-Fraktion einen Antrag ein, der aufhorchen lässt. Er lautet:
»Um die Möglichkeit der
Bürgerinnen und Bürger zu verbessern, die Entwicklung ihres Lebensraumes mitzubestimmen, fordert
die PDS im ›Römer‹ ab 2007 einen Beteiligungshaushalt nach dem Beispiel der
brasilianischen Millionenstadt Porto Alegre einzuführen. Seit 1980 wird in dieser Stadt der
Investitionshaushalt in einem jährlichen Beteiligungsprozess entwickelt, an dem bis zu 100000 Menschen
beteiligt sind. Dazu wurde die Stadt in Bezirke eingeteilt und ergibt sechs thematische
stadtübergeifende Foren zu den Themen Verkehr und Transport, Gesundheit und Soziales, Erziehung und
Freizeit, Stadtentwicklung und -organisation, Wirtschafts- und Steuerpolitik und Kultur. Bei
jährlichen Vollversammlungen werden in den Stadtteilen und Foren die Haushaltsumsetzung des letzten
Jahres ausgewertet, Probleme der Stadt diskutiert und Prioritäten und Projekte beschlossen,
außerdem werden dort Delegierte für den ›Rat des Beteiligungshaushalts‹ gewählt.
Die Verteilung der vorhandenen Mittel erfolgt in diesem Rat nach einem öffentlich diskutierten
Gewichtungsschlüssel, in dem unter anderem der Mangel an Dienstleistungen und Infrastruktur im Bezirk
(Gewichtung 4) und die Bevölkerungszahl des Bezirks (Gewichtung 5) einfließen. Auf diese Weise
wurde eine gerechte Verteilung der Mittel unter den Bezirken erzielt. Öffentliche Gelder konnten
verstärkt dort eingesetzt werden, wo der Bedarf am größten ist. Ferner konnten Korruption,
Verschwendung und Klientelwirtschaft, die ja auch in Frankfurt ein Problem darstellen, erheblich
eingedämmt werden. Dieses Erfolgsmodell sollte sich die Stadt Frankfurt zunutze machen, um der
Politikmüdigkeit vieler Bürgerinnen und Bürger entgegen zu wirken und um die Mittel dort
einzusetzen, wo sie wirklich gebraucht werden.«
Fragt sich nur, wen PDS-Fraktionen als
Verbündete gewinnen könnten, wenn sie einen solchen Antrag in mehreren Städten einbringen
würden.
Die Zeit, in der Gewerkschaften auf die SPD
als politisch Verbündeten zählen konnten, ist endgültig vorbei. Die SPD rechnet damit, dass
Betriebsräte ihre Mitbestimmung dazu nutzen, die Verringerung von Arbeitseinkommen und
Sozialleistungen sowie der Kapitalsteuer hinzunehmen, um den Export, in dem die BRD ohnehin Weltmeister
ist, zu erhöhen. Sie verspricht, damit Arbeitsplätze zu schaffen, weil die Gewinne des Kapitals
neue Investitionen ermöglichten. Es stört die SPD nicht, wenn das bisher nicht eingetreten ist,
und sie vertröstet uns damit, dass das, was heute noch nicht geschehen ist, morgen ganz bestimmt
eintreten wird.
Wie aber steht es um die Gewerkschaften?
Müssten sie nicht daran interessiert sein, dass die Menschen ihren Lebensraum mitbestimmen
können, dass sie über den Betrieb hinaus auf diese Weise politisch wirksam werden können.
Auch wenn wir nicht so optimistisch sind anzunehmen, dass solche Anträge angenommen würden,
hätten wir damit eine Antwort auf das uns stets entgegengehaltene TINA (There is no alternative): Es
gibt keine Alternative
Wir könnten zeigen, dass es eine
Alternative gibt, aber der politische Wille fehlt, sie durchzusetzen.
Informationen und Meinungen sollten keine Waren sein. Und Geld ist ein Fetisch.
Dennoch und ganz praktisch: Die Online-SoZ sieht nur umsonst aus. Wir brauchen Eure Euros.
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