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Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, April 2005, Seite

Der Weg nach Damaskus

Kommentar von ANGELA KLEIN

g»War Syrien verantwortlich für die Ermordung des libanesischen Premierministers Rafik Hariri am 14.Februar?«, fragt Ignacio Ramonet in der jüngsten Ausgabe von Le Monde Diplomatique.
Der überwältigende Teil der veröffentlichten Meinung hält dies für ausgemacht, obwohl Syriens Staatspräsident Bashar al-Assad sich deutlich vom Attentat distanziert hat. Damaskus habe versuchen wollen, im Vorfeld der Parlamentswahlen im Mai den Libanon unter Kontrolle zu halten.
Kann dies wirklich die Absicht der syrischen Regierung gewesen sein? Zwischen Hariri und Syrien gab es Spannungen, Syrien warf ihm vor, für das Zustandekommen der UN-Resolution 1559 agiert und den Aufbau einer antisyrischen Front finanziert zu haben.
Aber Syrien weiß sehr wohl, dass es als nächstes auf der Abschussliste Washingtons steht. Es hat kein Interesse an einer Destabilisierung des Libanon — nicht zu einem Zeitpunkt, wo die Wahlen im Irak die schiitische Mehrheit mit der Regierungsbildung beauftragt haben.
Die herrschende Schicht in Syrien besteht aus Alewiten, das sind Schiiten. Zusammen mit den Regierungen im Iran und Irak ergibt das einen »schiitischen Halbmond«, dessen aufkeimenden Einfluss es mehr als töricht wäre, durch ein Attentat zu gefährden.
Die Hezbollah, die am 9.März zu Hunderttausenden — es sollen eine halbe Million gewesen sein — gegen die UN-Resolution 1559 demonstrierten, hatten auf ihrer Forderungesliste zuoberst nicht den Verbleib der syrischen Truppen, sondern die Frage: Wer hat Rafik Hariri umgebracht? und ihre Anerkennung als Widerstandsgruppe statt als »Miliz«, die entwaffnet werden soll.
Viele der Demonstrierenden haben in den Jahren, als Israel den Südlibanon besetzt hielt (1982—2000), gegen die Besatzung gekämpft, waren in israelische Gefangenschaft geraten und fürchten nun, dass die US-amerikanische Unterstützung für die Opposition nur ein Hebel ist, um einen von Israel diktierten »Friedensvertrag« durchzusetzen.
Der Westen behauptet, die Präsenz syrischer Truppen im Südlibanon sei »unfair und illegal«. Ist die US-Besatzung im Irak nicht weniger unfair und illegal? Und die illegale Besetzung des Südlibanon durch israelische Truppen seit 1967? Die UN-Resolution, die damals deren sofortigen Abzug forderten, ist in 38 Jahren nicht umgesetzt worden. Und die illegale Besiedlung der palästinensischen Gebiete? Doppelmoral schaffft keinen Frieden.

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