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Auf dem Hintergrund einer hohen Auslastung, guten Gewinnen vor allem
im Exportgeschäft in der gesamten Branche und milliardenschweren Investitionsvorhaben steht die
westdeutsche Stahlindustrie vor der nächsten Entgelttarifrunde. Die geltenden Lohn- und
Gehaltstarifverträge nach drei vorgeschalteten Monaten, die nur mit einer nicht
tabellenwirksamen Pauschalsumme von 140 Euro sowie 1,7% für 11 Monate und 1,1% für die restlichen
5 Monate wurden von der Großen Tarifkommission Stahl Entgelttarifverträge für die
westdeutsche Stahlindustrie fristgerecht zum Ende des Monats März gekündigt.
Nach kontroverser Diskussion sprach sich eine
Mehrheit der Großen Tarifkommission der IG Metall am 16.Februar in Oberhausen für eine Forderung
von 6,5% bei einer Laufzeit von 12 Monaten aus. Bedeutende Teile des Tarifbezirks, darunter die
Gewerkschaftsbasis aus Salzgitter, forderten 8%. Branchenführer ThyssenKrupp Stahl konnte im
Geschäftsjahr 2003/04 allein bei Stahl einen Gewinn von 911 Millionen Euro verbuchen. Aber auch die
übrigen Konzerne (Mittal-Langprodukte, Salzgitter Stahl, die Großmann-Gruppe, die zur belgischen
Sidmar zählende Hütte Bremen usw.) stehen gut da, trotz hoher Rohstoffpreise aufgrund des
weltweiten Stahlbooms.
So investiert ThyssenKrupp am Standort
Duisburg in einen neuen Hochofen und die dortigen Hüttenwerke Krupp-Mannesmann planen eine
Verdoppelung der Kokereikapazitäten. ThyssenKrupp bereitet derzeit außerdem die Errichtung eines
ganzen Hüttenwerks in der Nähe von Rio de Janeiro mit einer Jahreskapazität von 4,5
Millionen Euro vor. Es soll bereits in drei Jahren in Betrieb gehen.
Die Hälfte der produzierten
Stahlblöcke soll via Rotterdam zur Weiterverarbeitung nach Duisburg verschifft werden. ThyssenKrupp
hat überdies für knapp über 2 Milliarden Euro seinen mehrere zehntausend Wohnungen
umfassenden Bestand im Ruhrgebiet an einen US-Fonds verkauft.
Die letzten Tarifabschlüsse waren in
weiten Teilen der IG-Metall-Basis angesichts der gewaltigen Produktivitätsfortschritte und auch
angesichts des allgemeinen Umfelds nicht als Erfolge gesehen worden. Das Ansehen der IG Metall hat durch
ihre schwache Tarifpolitik in den letzten Jahren stark an Ansehen eingebüßt. Ihre zögerliche
Haltung im Kampf gegen den Sozialabbau (Agenda 2010) und die skandalöse Steuerpolitik der
Schröder-Regierung taten ein Übriges.
Die Bereitschaft, für einen erfolgreichen
Abschluss auch zu Kampfmaßnahmen zu greifen, ist allerdings vorhanden und nimmt zu. Fragt sich,
inwieweit es maßgebenden und in der IG Metall einflussreichen Betriebsratsspitzen in der Branche
gelingt, die notwendige harte Gangart zu vermeiden und die IG-Metall-Bezirksleitungen bzw. der Vorstand es
diesmal ernst meinen.
Die Verhandlungen im April dürften
allerdings schon von Warnstreiks begleitet werden, denn die Stahlindustriellen haben gleich deutlich
gemacht, was sie von der IG-Metall-Forderung halten: vollkommen überzogen und
konjunkturschädigend. Na denn!
Hermann Dierckes
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