SoZSozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, April 2005, Seite 7

Stahltarifrunde

Kampfbereitschaft vorhanden

Auf dem Hintergrund einer hohen Auslastung, guten Gewinnen — vor allem im Exportgeschäft — in der gesamten Branche und milliardenschweren Investitionsvorhaben steht die westdeutsche Stahlindustrie vor der nächsten Entgelttarifrunde. Die geltenden Lohn- und Gehaltstarifverträge — nach drei vorgeschalteten Monaten, die nur mit einer nicht tabellenwirksamen Pauschalsumme von 140 Euro sowie 1,7% für 11 Monate und 1,1% für die restlichen 5 Monate — wurden von der Großen Tarifkommission Stahl Entgelttarifverträge für die westdeutsche Stahlindustrie fristgerecht zum Ende des Monats März gekündigt.
Nach kontroverser Diskussion sprach sich eine Mehrheit der Großen Tarifkommission der IG Metall am 16.Februar in Oberhausen für eine Forderung von 6,5% bei einer Laufzeit von 12 Monaten aus. Bedeutende Teile des Tarifbezirks, darunter die Gewerkschaftsbasis aus Salzgitter, forderten 8%. Branchenführer ThyssenKrupp Stahl konnte im Geschäftsjahr 2003/04 allein bei Stahl einen Gewinn von 911 Millionen Euro verbuchen. Aber auch die übrigen Konzerne (Mittal-Langprodukte, Salzgitter Stahl, die Großmann-Gruppe, die zur belgischen Sidmar zählende Hütte Bremen usw.) stehen gut da, trotz hoher Rohstoffpreise aufgrund des weltweiten Stahlbooms.
So investiert ThyssenKrupp am Standort Duisburg in einen neuen Hochofen und die dortigen Hüttenwerke Krupp-Mannesmann planen eine Verdoppelung der Kokereikapazitäten. ThyssenKrupp bereitet derzeit außerdem die Errichtung eines ganzen Hüttenwerks in der Nähe von Rio de Janeiro mit einer Jahreskapazität von 4,5 Millionen Euro vor. Es soll bereits in drei Jahren in Betrieb gehen.
Die Hälfte der produzierten Stahlblöcke soll via Rotterdam zur Weiterverarbeitung nach Duisburg verschifft werden. ThyssenKrupp hat überdies für knapp über 2 Milliarden Euro seinen mehrere zehntausend Wohnungen umfassenden Bestand im Ruhrgebiet an einen US-Fonds verkauft.
Die letzten Tarifabschlüsse waren in weiten Teilen der IG-Metall-Basis angesichts der gewaltigen Produktivitätsfortschritte und auch angesichts des allgemeinen Umfelds nicht als Erfolge gesehen worden. Das Ansehen der IG Metall hat durch ihre schwache Tarifpolitik in den letzten Jahren stark an Ansehen eingebüßt. Ihre zögerliche Haltung im Kampf gegen den Sozialabbau (Agenda 2010) und die skandalöse Steuerpolitik der Schröder-Regierung taten ein Übriges.
Die Bereitschaft, für einen erfolgreichen Abschluss auch zu Kampfmaßnahmen zu greifen, ist allerdings vorhanden und nimmt zu. Fragt sich, inwieweit es maßgebenden und in der IG Metall einflussreichen Betriebsratsspitzen in der Branche gelingt, die notwendige harte Gangart zu vermeiden und die IG-Metall-Bezirksleitungen bzw. der Vorstand es diesmal ernst meinen.
Die Verhandlungen im April dürften allerdings schon von Warnstreiks begleitet werden, denn die Stahlindustriellen haben gleich deutlich gemacht, was sie von der IG-Metall-Forderung halten: vollkommen überzogen und konjunkturschädigend. Na denn!

Hermann Dierckes

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