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Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, April 2005, Seite 7

Linde Kältetechnik

Standortschließung

Zum 125-jährigen Firmenjubiläum verkaufte der industrielle Mischkonzern Linde im Oktober seine Kältesparte an die US-Firma Carrier Corporation, eine Tochtergesellschaft von United Technologies (u.a. Otis/Aufzüge, Pratt& Whitney und Hamilton Sundstrand/Flugzeugindustrie, Sikorsky/ Hubschrauber).
Knapp 6 Monate nach der Übernahme sind 1300 Arbeitsplätze an den Standorten Kostheim bei Wiesbaden und Köln gefährdet. Während Linde-Chef Reitzle im vergangenen Herbst noch beruhigend meinte, durch den Verkauf die dauerhafte Existenz der Kältetechnik zu sichern, sieht die Zukunft für die Beschäftigten heute düsterer als erwartet aus.
Die Produktion von Kühlmöbeln für den Handel soll komplett nach Tschechien verlagert werden, die in Köln hergestellten Kühlsysteme sollen in Zukunft in der Nähe von Marseille gebaut werden. Als sich im Oktober herausstellte, dass die Grundstücke, Büros und Produktionsstätten nicht zum Verkauf gehörten, sondern lediglich angemietet wurden, gab es erste vage Befürchtungen.
Diese wurden dadurch verstärkt, dass im Winter Abordnungen aus den USA eintrafen, die die Betriebe von oben bis unten durchleuchteten. Das Ergebnis: Tiefrote Zahlen seit 2002, unwirtschaftliche Produktion und zu hohe Lohnkosten.
Den dabei angewandten Zahlentricks wurde von Seiten der Betriebsräten und der IG Metall widersprochen: Die für die gesamte Kältetechnik zuständigen Abteilungen wie Entwicklung, Marketing und Vertrieb wurden lediglich Kostheim und Köln zugerechnet, tschechische Arbeitszeiten wurden zum Kostenvergleich herangezogen, wo der Kölner Betrieb mit dem in Marseille verglichen werden sollte. Ziel ist es, die Belegschaft der Kältetechnik der Neuorientierung von Linde und Carrier zu opfern.
Nach der Boomphase seit 1989, in der die Linde KT auf dem ostdeutschen und osteuropäischen Markt expandierte, ist das Interesse des Konzerns mangels den Aktienkurs vorantreibenden Wachstumserwartungen an dieser Sparte erloschen. Reitzles Hauptorientierung ist die Sparte Gase, die bei einer 25%igen Rendite und einem Gewinnanteil von 80% die Zukunft des Konzerns ausmachen soll.
Auf diese Orientierung deutet die Ankündigung der letzten Wochen hin, entlang der Autobahnen flächendeckend Wasserstofftankstellen aufzubauen und die Spekulation, Linde könne sich mit dem britischen Gasanbieter BOC zu einem Marktführer zusammenschließen.
Carrier, der auf dem US-amerikanischen Markt eine dominante Stellung innehat, ist in Europa hauptsächlich mit Klimatechnik präsent, braucht den Namen Linde KT lediglich, um hier in den Kältebereich vorzustoßen.
Kurz nach Karneval war dann Schluss mit lustig. Carrier macht ernst. Mitte Februar wurden die Beschäftigten auf halbstündigen Belegschaftsversammlungen von den Carrier-Planungen informiert. Am 7.März gab es in Köln- Sürth eine von der IG Metall und dem Betriebsrat organisierte Demonstration und Kundgebung, an denen ca. 800 Menschen — auch aus anderen Kölner Betrieben und dem Ort — teilnahmen.
Da es nichts mit Kölsch zu feiern gab, blieb der CDU-OB der Veranstaltung fern. Die SPD-Bürgermeisterin Scho- Antwerpes klagte den Industriestandort Köln ein, nachdem von der Partei jahrelang der Medienstandort als Arbeitsplatzmaschine gefeiert und gefördert wurde und diese vorübergehende Luftblase mit dem Wegzug von VIVA nach Berlin zu platzen beginnt.
Auch die wortradikale Rede der sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten Lale Akgün endete damit, beim Wirtschaftsminister Clement um einen Termin zu ersuchen. Anhaltenden Applaus gab es für den Betriebsratsvorsitzenden Hans-Gert Bude und Witich Rossmann von der IG Metall, die in ihren Beiträgen ankündigten, gegen Entlassungen und Betriebsschließungen Widerstand leisten zu wollen:«Wir werden nicht wie die Lämmer zur Schlachtbank laufen.«

Udo Bonn

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