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Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind sog. Organe der Selbstverwaltung
der Kassenärzte. Ihre Aufgabe ist die Verteilung des Honorarvolumens der gesetzlichen Krankenkassen an
die niedergelassenen Kassenärzte immerhin rund 57 Milliarden Euro jährlich haben sie zu
verteilen.
Unter anderem an sich selbst, und das gleich
in zweierlei Hinsicht: Die gewählten Vertreter der Kassenärzte dürfen nämlich
einerseits ihre Praxis neben ihrer Funktionärstätigkeit weiterführen und befinden
andererseits bei letzterer selbst über ihr Gehalt. Und da haben sie im Laufe der Jahre munter
zugelangt. Auf rund 250000 Euro jährlich beläuft sich inzwischen ein aus
Krankenkassenbeiträgen finanziertes Spitzengehalt in der KBV (Kassenärztliche Bundesvereinigung).
Natürlich war die aktuelle Erhöhung
gar nicht so exorbitant, und das Geschrei, das bürgerliche Politiker im Verein mit ihrer Presse
derzeit anstimmen, klänge glaubwürdiger, wüsste man nicht, dass es bisher erstens keinerlei
Diskussionen über dieses schon vorher verdächtig hohe Gehaltsniveau der Ärztelobbyisten in
diesen Selbstverwaltungsorganen gegeben hat und dass zweitens die gleichen Politiker, die sich so erregen,
regelmäßig im Bundestag bei den Diäten ebenso schamlos zulangen.
Schröder und Konsorten handeln nach dem
Motto: »Haltet den Dieb.« Die einschneidenden Kürzungen der Krankenkassenleistungen im
Gefolge der letzten »Gesundheitsreform« wurden den Versicherten mit dem Versprechen einer
Beitragssenkung schmackhaft gemacht. Die fand aber bisher nicht statt und nun braucht man einen Schuldigen.
Da kommt der tatsächlich
unverfrorene Griff der Ärztefunktionäre in die (Kranken-)Kasse gerade recht. Dass bei
weiter steigender Arbeitslosigkeit, also sinkenden Einnahmen der Kassen und einem enormen in den letzten
Jahren aufgehäuften Schuldenberg eine wesentliche Beitragssenkung ein frommer Wunsch bleiben musste,
darauf hatten Krankenkassenfunktionäre (die sich, wie jetzt offenbar geworden aber ebenfalls nicht neu
ist, ähnlich großzügig aus den Kassentöpfen bedienen) schon frühzeitig
hingewiesen. Den Eindruck erwecken zu wollen, die unbestrittene Raffgier der Funktionäre
verhindere eine Beitragssenkung, ist ebenso unverschämt wie deren Gehälter.
Die Ärzte wiederum weisen auf die
»enorme Verantwortung« hin, die ihre Vertreter bei der Verwaltung dieser riesigen Geldmenge zu
tragen hätten. Die könnte man ihnen leicht abnehmen: Im Grunde ist die KBV ebenso wie die
regionalen kassenärztlichen Vereinigungen schlicht überflüssig.
In diese Kerbe haut auch der Professor Karl
Lauterbach, allerdings ebenfalls nicht gerade aus Liebe zum öffentlich verfassten Gesundheitswesen,
denn er hat neben seiner Expertentätigkeit für die Regierung noch einen gut dotierten Job als
Mitglied des Aufsichtsrats der privaten Rhön-Kliniken-Kette und macht auch schon mal fürs
Taschengeld Werbung für herzschonende Margarine.
Letztendlich sind aber Lichtgestalten wie der
ehemalige Vorsitzende des Hausärzteverbandes und neue stellvertretende Vorsitzende der KBV, Ulrich
Weigeldt, wahrscheinlich der Meinung, mit ihrer Tätigkeit wieder am Anfang ihrer Laufbahn angekommen
zu sein: Eben dieser Weigeldt, der während seines Studiums u.a. durch seine lustigen Ansichten zur
anatomischen Präparation auffiel, war, bevor er Papis Praxis in Bremen übernahm, Mitglied der
Roten Zellen Kiel ML, einer Studentenorganisation des maoistischen KBW, und möchte wohl in seiner
neuen Pfründe nichts anderes tun als in jenen alten Tagen: dem Volke dienen. Nur ist er inzwischen zu
der Meinung gelangt, dass dafür ein Facharbeiterlohn nicht angemessen ist. Ein bisschen mehr darf es
schon sein. Man lernt ja im Laufe des Lebens dazu.
Ernst A. Kluge
Informationen und Meinungen sollten keine Waren sein. Und Geld ist ein Fetisch.
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