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Was sind die wichtigsten Fortschritte, die die Regierung Lula mit ihrer Agrarreformpolitik erreicht
hat?
Das Programm Vida Digna no Campo (Auf dem Land in Würde leben) als Strategie der
wirtschaftlichen Entwicklung umfasst die Stärkung der landwirtschaftlichen Familienbetriebe sowie eine
Landreform. Die Landreform ist aus unserer Sicht folglich keine bloße Fürsorgemaßnahme.
In den zurückliegenden zwei Jahren haben wir Fortschritte erzielt. Im
Rahmen des zweiten Agrarreformplans (PNRA), der Ende 2003 aufgestellt wurde, waren es bis heute also
innerhalb von zwei Regierungsjahren 130000 Familien, denen Land zugeteilt wurde. Außerdem
arbeiten wir intensiv an der Sanierung und Ausgestaltung von Ansiedlungen früherer Jahre.
Brasilien hat rund 5500 Ansiedlungen im
ländlichen Bereich mit rund 530000 Familien. Heute verfügen bereits 350000 Familien über
eine regelmäßige und dauerhafte Agrarberatung. Wir sind erfolgreich bei der Ausgestaltung dieser
Ansiedlungen, sei es im Straßenbau, bei der Versorgung mit Elektrizität, in der Gesundheit oder
im Schulwesen. Wir haben noch viel zu tun, aber wir sind fest entschlossen, diese Entwicklung im Lauf von
2005 weiter zu vertiefen.
Was sind die wichtigsten Hindernisse?
An erster Stelle die Haushaltsprobleme. In Brasilien kann die Regierung Ländereien für
die Landreform nur durch eine Entschädigung der Besitzer zu Marktpreisen erlangen. Das zweite
Hindernis ist operationaler Art. Die zuständigen Institutionen, vor allem das Institut für
Agrarreform, sind über lange Jahre stark beschädigt worden. Wir sind dabei, dieses Instrument so
wiederherzustellen, sodass es seinen Aufgaben gewachsen ist.
Außerdem dürfte es wohl bekannt
sein, dass uns die Ausprägung des brasilianischen Gerichtswesens behindert oder nur bestimmte
Möglichkeiten zulässt und in vielen Fällen sehr langwierige Auseinandersetzungen erfordert.
Weitere Hindernisse ergeben sich aus der Tatsache, dass wir in beiden Häusern des Parlaments keine
Mehrheit haben. Wir haben also einen rechtlichen Rahmen, in dem wir an der Umsetzung unserer Zielsetzungen
arbeiten müssen.
Welche Ziele hat sich das Ministerium für Agrarentwicklung für 2005 gesteckt?
Unsere Erwartungen für 2005 orientieren sich an den Zahlen des Agrarreformplans. 115000 neu
angesiedelte Familien darauf haben wir uns verpflichtet. Und in der laufenden Regierungsperiode von
vier Jahren wollen wir sicherstellen, dass 400000 Familien das Recht auf Land haben im Rahmen der
politischen Begleitmaßnahmen.
In Bezug auf die Familienlandwirtschaft und
die Ansiedler geht es um eine Aufstockung ihrer verfügbaren Mittel zur Finanzierung von Investitionen
und Aufwendungen. Vor zwei Jahren noch wurden in Brasilien 2,2 Milliarden Reais (630 Millionen Euro) auf
diesem Gebiet ausgegeben, heute investieren wir im laufenden Agrarjahr 7 Milliarden Reais (2
Milliarden Euro). Wir sind außerdem dabei, das nationale System der Agrarberatung zu verbessern, den
Zugang zu Produktionstechnologien zu demokratisieren und eine nachhaltige Produktionstechnologie zu
fördern.
Wir haben Programme zur Sicherung von
Mindestpreisen aufgelegt, zu öffentlichen Aufkäufen sowie zur Agrarversicherung. Bei dieser
handelt es sich um eine historische Forderung aus der Landwirtschaft, um witterungsbedingte Schäden im
Ackerbau zu kompensieren. Wir treiben Landreform und Landzuteilung voran und stärken die
Familienlandwirtschaft mit dem Ziel, in Brasilien ein Landbesitz- und Landwirtschaftsmodell zu erreichen,
das eine bessere Einkommensverteilung zur Grundlage und bereits bewiesen hat, dass es mehr
Arbeitsplätze und Einkommen schafft und zu größerer Nachhaltigkeit in der Produktion
führt. Dies ist die Strategie, die wir vertreten und mit der wir in unserem Ministerium arbeiten.
Verhindern die bestehenden Beschränkungen nicht die Umsetzung des Agrarreformplans?
Nein, denn Präsident Lula und seine Regierung stehen dazu. Die Landreform ist
Regierungsprogramm und die Hindernisse werden überwunden. Wir sind eine klare Verpflichtung
eingegangen, arbeiten in den vier Jahren der Regierung Lula dafür und werden die Ziele des
Agrarreformplans vollständig erreichen.
Wie steht es um die Auseinandersetzung zwischen den Befürwortern des Agrobusiness und der
Familienlandwirtschaft innerhalb der Regierung?
Die Auseinandersetzung läuft und sie ist legitim, denn es handelt sich ja um Modelle, die in
Brasilien existieren. Die brasilianische Gesellschaft erlebt die Folgen beider Modelle und offensichtlich
handelt es sich um eine berechtigte Diskussion im Hinblick auf den Gebrauch unseres Bodens, unserer
Gewässer und unserer Naturressourcen. Brasilien hat Erfahrungen mit diesen Modellen und die Regierung
arbeitet mit beiden.
Wir haben uns verpflichtet, das Modell zu
stärken und aufzuwerten, das das Recht auf Land demokratisiert. Das Modell ist von großer
Bedeutung, weil es anders als manche es sehen bedeutende Auswirkungen in der Politik hat.
Selbst wenn historisch gesehen
diese Form der Landwirtschaft in der Regel wenig Unterstützung durch die Regierungspolitik erhalten
hat was Kredite, Technologieförderung usw. betrifft , so erwirtschaftet sie heute
immerhin 10% des Bruttoinlandsprodukts, macht ein Drittel dessen aus, was man als Agrarhandel bezeichnet
und stellt 70% der Arbeitsplätze auf dem Land. Infolgedessen verfügt sie über eine
große Vitalität und Fähigkeit zur Erzeugung von Lebensmitteln für unser Volk sowie die
Fähigkeit, Einkommen in unseren Regionen zu halten. Wir arbeiten daran, und wir sind dafür
verantwortlich, dieses Modell zu stärken. Aber die Diskussion darüber ist, wie gesagt,
berechtigt. Sie beschäftigt und durchzieht beständig die Regierung wie die brasilianische
Gesellschaft.
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