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In den letzten Wochen und Monaten haben wieder verstärkt Verfolgungen,
darunter Ermordungen von Aktivisten aus Gewerkschaften und sozialen Bewegungen stattgefunden. Am 2.3. wurde
in Cartagena auf Rafael Cabarcas, ehemaliges Vorstandsmitglied der Erdölgewerkschaft USO und Vertreter
des Linksbündnisses Frente Social y Político im Stadtrat, geschossen. Er und sein
Leibwächter liegen schwer verletzt im Krankenhaus. Im Oktober letzten Jahres war versucht worden,
seinen neunjährigen Sohn zu entführen. Die Führung der Gewerkschaft USO ist von
paramilitärischen Gruppen zum militärischen Ziel erklärt worden, ihr wurde eine Liste mit
»zum Tode verurteilten« Gewerkschaftern zugestellt.
Am 3.März wurde der Gewerkschaft USO in
Cartagena per Telefon mitgeteilt, zu Beginn des Jahres 2000 sei bei einem Treffen von Industriellen,
Stadtpolitikern und dem zentralen Kommando der paramilitärischen Organisation AUC der Plan geschmiedet
worden, eine Gruppe von Gewerkschaftern zu eliminieren. Der Anrufer erwähnte einen Zweistufenplan,
wonach Industrielle und Politiker die Adressen und Sicherheitsvorkehrungen der Todeskandidaten zur
Verfügung stellen sowie in einer ersten Phase 86 Millionen Pesos. In der zweiten Phase, der
Exekutierung, die am 22.Januar 2005 angelaufen ist, beliefen sich die Kosten auf 10000 Dollar pro Person
(wörtlich: pro Einheit).
In der Erdölstadt Barrancabermeja wurden
in diesem Jahr schon 24 Menschen, davon sechs in der vorletzten Woche ermordet (Stand 5.März). 14
Menschen sind spurlos verschwunden, die Drohungen gegenüber politischen und sozialen Aktivisten nehmen
zu. Hintergrund ist das von bekannten Persönlichkeiten beantragte, in der Verfassung vorgesehene
»Referendum« zur Abwahl des Bürgermeisters, dem Verbindungen zu den Paramilitärs
nachgesagt werden.
Der Bürgermeister erhielt ein Schreiben
mit einer Liste von Personen, die vom Bloque Capital der Paramilitärs erledigt werden sollen. Unter
den Bedrohten befinden sich der ehemalige Vorsitzende der USO, Hernando Hernández, der örtliche
Vorsitzende des Gewerkschaftsdachverbandes CUT, Juan Carlos Galvis, die Direktorin der Frauenorganisation
OFP, Yolanda Becerra, Menschenrechtsvertreter und andere, die uns bitten, mit unserem Protest zu ihrem
Überleben beizutragen.
Die Erdölregion Arauca an der
venezolanischen Grenze ist ein wahrer Kriegsschauplatz geworden. In dem einstmals vergessenen, den Indios
vorbehaltenen Gebiet, wurde Öl gefunden und mit dem Öl begann der Krieg. Die Konzerne Occidental
Petroleum (OXY) und Repsol begannen, den Lebensraum der Indios zu zerstören, die Umwelt zu vergiften
und mit US-Steuergeldern die Ausbeutung des Rohstoffes unter Einsatz von Militär zu garantieren.
Bei den bedrohten, verfolgten und ermordeten
Personen handelt es sich überwiegend um Gewerkschafter und Aktivisten aus sozialen und indigenen
Bewegungen, die sich in politischer Opposition zur ultrarechten Regierung befinden und für eine
Veränderung der Lebenssituation der überwiegend armen Bevölkerung eintreten. Sie werden als
Terroristen gebrandmarkt und obwohl ihnen in der Regel keine Gesetzesverstöße angelastet werden
können, werden illegalen Gruppen wie Paramilitärs, die oft im Schutze der Armee morden,
eingesetzt, um sich ihrer zu entledigen. Verschiedentlich schlägt das offizielle Militär auch
selbst zu.
Die Mörder von Gewerkschaftern gehen in
über 90% der Fälle straffrei aus.
Kolumbien ist für Gewerkschafterinnen und
Gewerkschafter das gefährlichste Land der Welt. Auf den Tagungen der Internationalen
Arbeitsorganisation (ILO) werden jährlich mit vielen Dokumenten Beweise gegen die Verstöße
von Arbeits- und Menschenrechtsnormen zusammengetragen.
Zu echten Sanktionen kommt es nicht, weil
wichtige Interessen der USA und transnationaler Konzerne berührt sind. Nur die Unterstützung aus
Washington mittels des sog. Plan Colombia ermöglicht es der kolumbianischen Regierung, den
gigantischen Militärapparat zu finanzieren und eine politische Legitimität auf internationalem
Parkett zu erlangen. Unter diesen Umständen drückt dann auch die Europäische Gemeinschaft in
Menschrechtsfragen die Augen zu.
Angesichts dieser dramatischen Situation ist es wichtig, dass wir, die Menschen in anderen Teilen
der Welt, die Verteidigung unserer Kolleginnen und Kollegen in die Hand nehmen. Wie in anderen Fällen
auch, können wir uns nicht auf Institutionen und Regierungen verlassen.
Was können wir tun?
Hier ein paar Vorschläge, die
natürlich vielfach kreativ ergänzt werden können und sollen:
Flugblattverteilung bei Aktionen, in
Betrieben und Gewerkschaften,
Protestbriefe an die kolumbianische
Regierung, Adressen abrufbar unter www.isnrsi.net,
Aktionen vor kolumbianischen Botschaften
und Konsulaten mit Übergabe von Protestnoten,
Pressearbeit, Interviews, Webseiten etc.
Parlamentarier und Politiker ansprechen.
Informationen und Meinungen sollten keine Waren sein. Und Geld ist ein Fetisch.
Dennoch und ganz praktisch: Die Online-SoZ sieht nur umsonst aus. Wir brauchen Eure Euros.
Spendet steuerlich abzugsfähig!
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