SoZSozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, April 2005, Seite 19

Oskar-Preisträger

Million Dollar Baby, USA 2004, Regie: Clint Eastwood; mit Hillary Swank, Clint Eastwood, Morgan Freeman

»Schütze dich stets selbst« lautet Regel Nummer Eins in Clint Eastwoods jüngstem Film, [dem mit dem Oscar prämierten] Million Dollar Baby.
Das Problem ist, dass Frankie Dunn (gespielt von Clint Eastwood) die von ihm in seinem Fitnessstudio in Los Angeles trainierten Boxer übermäßig schützt, die eine Menge von ihm lernen, denen er aber nicht gerne die Risiken aufbürdet, die erforderlich sind, um Titelkämpfe zu gewinnen.
Als er seinen vielversprechendsten Schützling an einen anderen Manager verliert, tritt Maggie Fitzgerald (gespielt von Hillary Swank) auf, ein verarmtes Mädchen aus Ozarks, die aus der Gosse kommt, aber entschlossen ist, von Frankie trainiert zu werden.
Zuerst lehnt er dies ab — »Ich trainiere keine Mädchen« —, aber sie wird von seinem einzigen Angestellten und langjährigen Freund Scrap (Morgan Freeman), selbst ein ehemaliger Boxer, ermutigt. Natürlich gibt Frankie schließlich nach, und an diesem Punkt wird der Film eine Vater-Tochter-Liebesgeschichte. Maggie ist die Tochter, die Frankie gerne gehabt hätte (seine eigene Tochter ist ihm entfremdet), und Frankie ist der Vater, den Maggie verloren hat.
Die Struktur von Million Dollar Baby ist bemerkenswert unbemerkenswert. Die Erzählung ist relativ geradlinig und stützt sich auf starke Charaktere mit einer starken Leistung von Eastwood, Freeman und Swank in ihren Rollen. Tom Sterns Kamera und Eastwoods eigene Musik, oftmals als Solobluesgitarre, verleihen dem Film eine beklemmende, zeitlose Qualität.
Dass die Entwicklung »aus der Gosse zum Reichtum« durch die Tragödie unterbrochen wird, dient nicht als soziale Kritik am »amerikanischen Traum«. Und während Frankie eindeutig ein »Freidenker« in den Augen seines Gemeindepfarrers ist und die Charaktere sich mit der Frage der Euthanasie herumschlagen, so handelt der Film letztlich doch nicht von Religion oder Euthanasie.
Trotz der Attacken auf den Film seitens rechter Meinungsmacher wie Bill O‘Reilly verdient Million Dollar Baby nicht wirklich ein politisches Lob von Seiten der Linken oder die politische Schelte der Rechten. Während Eastwood mit Million Dollar Baby zweifellos einen Film gedreht hat, der seine Fähigkeit zeigt, die Zuschauer zu rühren, entspricht die politische Haltung des Films durchaus dem Mainstream. Dass die Hauptgestalt eine Vertreterin der »working poor« ist, macht sie sympathisch, aber nur weil sie sich vom Rest dieser Gruppe unterscheidet. Ihre Familie wird als herzlos, selbstsüchtig und faul porträtiert.
Während Maggie trainiert, steht auf einem Plakat im Hintergrund: »Die Sieger sind einfach bereit zu tun, was die Verlierer nicht tun wollen.« Im Kontext der diesjährigen Oscar-Verleihung, bei der ein ungeheuer populärer Dokumentarfilm wie Fahrenheit 9/11 völlig übergangen wurde, sind die »Sieger« zwangsläufig die politisch angepassten Millionen-Dollar-Filme.
Eastwood und Hollywood haben die Regel Nummer Eins gelernt: »Schütze dich selbst.«

Brian Jones

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