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Seit dem vergangenen Jahr pflegen marxistische Gruppen aus verschiedenen
Traditionen einen gemeinsamen programmatischen Dialog.
Letztes Jahr stand in der Karl-Liebknecht-
Schule der DKP in Leverkusen das Thema »Übergangsforderungen« im Mittelpunkt. Wie Robert
Steigerwald von der Marx-Engels-Stiftung damals humorig hervorhob, diskutierten erstmals (»um die
alten Schimpfwörter zu gebrauchen«) »Stalinisten, Trotzkisten und Brandleristen« teils
kontrovers, aber immer solidarisch miteinander über die Streitfragen der Vergangenheit, vor allem aber
über die Probleme marxistischer Politik in Gegenwart und Zukunft. Die Marxistischen Blätter
dokumentierten die verschriftlichen Referate und einige Diskussionsbeiträge.
Am Wochenende des 12. und 13.März wurde
dieser Prozess am selben Ort fortgesetzt. Eingeladen hatten neben der Marx-Engels-Stiftung die Jakob-
Moneta-Stiftung, die Redaktionen von Arbeiterpolitik, Arbeiterstimme, SoZ, UZ, der Marxistischen
Blätter sowie das Marxistische Forum Sachsen, die DKP und die ISL. Gegenüber »Leverkusen
I« war das Spektrum der Teilnehmenden ausgeweitet insbesondere um Vertreterinnen des
sozialistisch-feministischen Ansatzes; insgesamt nahmen über 30 teils auch jüngere Genossen an
der Konferenz teil. Diesmal standen die »Probleme des Kampfes um die politische Unabhängigkeit
der Arbeiterklasse« im Vordergrund.
Die Bandbreite der dabei behandelten Themen
war beachtlich. Zum Zustand des »subjektiven Faktors« hielten der Verfasser dieses Berichts und
Robert Steigerwald einander ergänzende Referate, die wahrscheinlich zu einer gemeinsamen schriftlichen
Fassung führen werden. Ekkehard Lieberam hatte einen Vorschlag zur Einrichtung eines verstetigten
»Marxistischen Dialogs« vorgelegt, der das Streben nach einer marxistisch orientierten Partei mit
Masseneinfluss fördern soll. Dieser Text wurde zwar nicht formell verabschiedet, fand aber doch
repräsentative Unterstützung und wird entsprechend veröffentlicht.
Michael Aggelidis informierte über den
Stand, die Schwierigkeiten und Chancen der WASG vor allem in NRW. Ein großer Diskussionsblock,
eingeleitet von Vertretern der Arbeiterstimme und der Arbeiterpolitik, befasste sich mit der Lage der
Gewerkschaften und den Aufgaben, vor denen die klassenkämpferischen Kräfte angesichts der tiefen
Krise der Gewerkschaftsbewegung stehen. Hans-Peter Brenner von der DKP und Manuel Kellner hielten durchaus
kontroverse Koreferate zum Verhältnis von Partei und Räten. Brenners Schlussfolgerung, dass sich
der Rätegedanke heute auflöse im Ziel des Aufbaus und der Stärkung der DKP, rief lebhaften
Widerspruch bei einer Reihe von Anwesenden hervor.
Großes Interesse fand das Referat von
Gisela Notz von der SoZ-Redaktion, die über ihre Feldforschungen zu kommunitären Lebensformen
berichtete. Trotz der Schranken, die die kapitalistische »Außenwelt« diesen Ansätzen
auferlegt, sind sie als Teil jener vielfältigen Versuche anzusehen, von unten her in neuen Formen die
alte »Gegenwelt« zur kapitalistischen Konkurrenzgesellschaft neu aufzubauen.
Am Rande der Konferenz wurde ein breiter
Initiativ- und Vorbereitungskreis zur Fortsetzung des strömungsübergreifenden marxistischen
Dialogs eingerichtet. Ebenso wurde verabredet, das Thema der gesellschaftspolitischen sozialistischen
Alternative auf das kommende Sozialforum in Erfurt zu tragen.
Manuel Kellner
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