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In den nahezu 40 Jahren ihrer Geschichte hat die Dubmusik ihren Kultstatus
behalten und anders als ihre Eltern Reggae und Remix nie die Gelüste des breiten Mainstreams bedient.
Sicherlich sind King Tuby, Lee Scratch Perry oder auch Adrian Sherwood weit über die eigentliche Szene
hinaus bekannte Künstler, und einzelne Produktionen, wie Dub side of the moon haben in vielen CD-
Regalen ihr Zuhause gefunden. Aber darüber hinaus findet diese Musik wenig Anerkennung. Wenn dann eine
Band in Österreich sich dieser Musik annimmt, ist es kaum erstaunlich, dass trotz Internet und
weltweiter Rezensionen ihre CDs außerhalb der eingeschworenen Dubgemeinde ein Geheimtipp bleiben.
Zumal wenn es diese Gruppe seit 1988 gibt, sie zwar auf unzähligen Konzerten spielte, aber bisher nur
zwei Alben produzierte.
Seinen Ursprung hatte Dub bekanntlich auf
Jamaika und bereits in den späten 70er Jahren brachten ihn Migranten mit nach London. Wann genau der
dort um elektronische Elemente angereicherte Dub es bis Wien geschafft hat, ist nicht bekannt. Aber 1988
gründeten fünf recht junge Wiener Mittelstandskids einige Längengrade östlich von
Kingston eine Reggaeband, die Ausgangsort für eine Expedition ins Dubland wurde. Rootscontroller
entdeckten schon bald den Dub für sich und Anfang der 90er Jahre benannten sie sich um in
Dubblestandart und gelten seitdem als die österreichische Dubgruppe.
Die persönlichen Wurzeln in
Österreich, wo sie gegen Rassismus und engstirnige Spießigkeit ebenso aktiv sind wie was
niemand wundern wird für die Legalisierung von Cannabis, nahmen die Alpendubber schon in den
90er Jahren Kontakt zu den Größen dieses Genres auf. Sie touren mit Dillinger und Lee Scratch
Perry. Auf Heavy Heavy Monster Dub sind Sly & Robbie genauso mit dabei, wie Dillinger und Dreadzone.
Der erste Song auf dieser Produktion erinnert
mit seinem Synthieakkorden an 80er-Jahre-Popmusik. Weiter geht es mit einem Remix des 74er
Discoreißers »Kung Fu Fighting«, der bereits auf einem Sampler mit sage und schreibe 15
anderen Versionen dieses Hits erschienen ist. Erst mit »Evil Empire« beginnt das Album aus einem
Guss daher zukommen, sodass hier einmal die ersten beiden Stücke als Bonustracks gewertet werden
können.
Nur drei Stücke auf dieser Produktion
sind Originaleinspielungen der Wiener. Alle anderen Beiträge sind Weiterverarbeitungen aus Kingston,
Paris, New York und London. Unklar wie oft die Mixes zwischen den Studios dort und dem in Wien hin und her
gingen. Eindrucksvoller kann jedoch eine künstlerische Demontage von »geistigem Eigentum«
und anderen profitsichernden Rechtskonstrukten kaum geschehen. Das Original wird bereits von der
einspielenden Band im Studio immer wieder neu geschaffen. Andere Künstler übernehmen das
Rohmaterial und geben ihm ihre Hörweise. Dass dabei collageartig anderes hinzugefügt wird,
erweckt beim Hören immer wieder die Anstrengung, die Zitate lokalisieren und zuordnen zu wollen.
Dubbelstandart gehen dabei nicht so weit wie Alpha & Omega, die ein Album (Show Me A Purpose) nur mit
einem Original und etlichen Remixen produzierten. Doch auch die drei Versionen von »Heavy Heavy
Monster Dub« zeigen, wie der kreative Umgang mit dem Mischpult aus diesem ein Instrument macht, das
mehr ist als ein Werkzeug, mit dem ein Musikstück lediglich mal besser und mal schlechter eingespielt
werden kann.
Dass so die Verbindung von Überraschung
und Homogenität erreicht werden kann, demonstrieren Dubbelstandart mit dieser Produktion.
Thomas Schroedter
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