SoZSozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Juni 2005, Seite 21

Heavy Heavy Monster Dub, Echo Beach/Indigo

Dubbelstandart

In den nahezu 40 Jahren ihrer Geschichte hat die Dubmusik ihren Kultstatus behalten und anders als ihre Eltern Reggae und Remix nie die Gelüste des breiten Mainstreams bedient. Sicherlich sind King Tuby, Lee Scratch Perry oder auch Adrian Sherwood weit über die eigentliche Szene hinaus bekannte Künstler, und einzelne Produktionen, wie Dub side of the moon haben in vielen CD- Regalen ihr Zuhause gefunden. Aber darüber hinaus findet diese Musik wenig Anerkennung. Wenn dann eine Band in Österreich sich dieser Musik annimmt, ist es kaum erstaunlich, dass trotz Internet und weltweiter Rezensionen ihre CDs außerhalb der eingeschworenen Dubgemeinde ein Geheimtipp bleiben. Zumal wenn es diese Gruppe seit 1988 gibt, sie zwar auf unzähligen Konzerten spielte, aber bisher nur zwei Alben produzierte.
Seinen Ursprung hatte Dub bekanntlich auf Jamaika und bereits in den späten 70er Jahren brachten ihn Migranten mit nach London. Wann genau der dort um elektronische Elemente angereicherte Dub es bis Wien geschafft hat, ist nicht bekannt. Aber 1988 gründeten fünf recht junge Wiener Mittelstandskids einige Längengrade östlich von Kingston eine Reggaeband, die Ausgangsort für eine Expedition ins Dubland wurde. Rootscontroller entdeckten schon bald den Dub für sich und Anfang der 90er Jahre benannten sie sich um in Dubblestandart und gelten seitdem als die österreichische Dubgruppe.
Die persönlichen Wurzeln in Österreich, wo sie gegen Rassismus und engstirnige Spießigkeit ebenso aktiv sind wie — was niemand wundern wird — für die Legalisierung von Cannabis, nahmen die Alpendubber schon in den 90er Jahren Kontakt zu den Größen dieses Genres auf. Sie touren mit Dillinger und Lee Scratch Perry. Auf Heavy Heavy Monster Dub sind Sly & Robbie genauso mit dabei, wie Dillinger und Dreadzone.
Der erste Song auf dieser Produktion erinnert mit seinem Synthieakkorden an 80er-Jahre-Popmusik. Weiter geht es mit einem Remix des 74er Discoreißers »Kung Fu Fighting«, der bereits auf einem Sampler mit sage und schreibe 15 anderen Versionen dieses Hits erschienen ist. Erst mit »Evil Empire« beginnt das Album aus einem Guss daher zukommen, sodass hier einmal die ersten beiden Stücke als Bonustracks gewertet werden können.
Nur drei Stücke auf dieser Produktion sind Originaleinspielungen der Wiener. Alle anderen Beiträge sind Weiterverarbeitungen aus Kingston, Paris, New York und London. Unklar wie oft die Mixes zwischen den Studios dort und dem in Wien hin und her gingen. Eindrucksvoller kann jedoch eine künstlerische Demontage von »geistigem Eigentum« und anderen profitsichernden Rechtskonstrukten kaum geschehen. Das Original wird bereits von der einspielenden Band im Studio immer wieder neu geschaffen. Andere Künstler übernehmen das Rohmaterial und geben ihm ihre Hörweise. Dass dabei collageartig anderes hinzugefügt wird, erweckt beim Hören immer wieder die Anstrengung, die Zitate lokalisieren und zuordnen zu wollen. Dubbelstandart gehen dabei nicht so weit wie Alpha & Omega, die ein Album (Show Me A Purpose) nur mit einem Original und etlichen Remixen produzierten. Doch auch die drei Versionen von »Heavy Heavy Monster Dub« zeigen, wie der kreative Umgang mit dem Mischpult aus diesem ein Instrument macht, das mehr ist als ein Werkzeug, mit dem ein Musikstück lediglich mal besser und mal schlechter eingespielt werden kann.
Dass so die Verbindung von Überraschung und Homogenität erreicht werden kann, demonstrieren Dubbelstandart mit dieser Produktion.

Thomas Schroedter

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