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Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Juli 2005, Seite 15

EU-Gegner in Dänemark

Europäisch und links

In der diesjährigen EU-Debatte in Dänemark war die Linke mit einem eigenständigen Profil und einer betont internationalistischen Ausrichtung vertreten.

Die traditionelle dänische Nein-zur-EU-Bewegung hat bei den Parlamentswahlen im Jahr 2004 einen Rückschlag erlitten. In den nachfolgenden Monaten gab es daraufhin heftige Auseinandersetzungen innerhalb der »Juni-Bewegung« und innerhalb der Sozialistischen Volkspartei (SF); neue linke Initiativen haben sich gebildet, und der Aufschwung der Rot-Grünen Allianz hat einen neuen Anziehungspunkt geschaffen.

Die Juni-Bewegung

12 Jahre nach ihrer Gründung hat die traditionelle Spaltung, die es zwischen der Juni-Bewegung (ihrem Selbstverständnis nach Pro-Europa und Anti-EU) und der Volksbewegung (mit der Losung: »Dänemark raus aus der EU«) gibt, eine neue Wendung erfahren.
Die Volksbewegung war jahrelang Mitglied der Fraktion der Vereinigten Linken/Nordische Grüne im Europaparlament. Die Juni-Bewegung hingegen versuchte unter der Führung ihres langjährigen Europaabgeordneten Jens Peter Bonde, sich mehr und mehr als eine politische Kraft der Mitte zu positionieren; dabei scheute sie auch nicht vor Bündnissen mit der rechtsextremen UK Independence Party aus Großbritannien zurück. Dieser Zustand wurde für den linken Flügel der Juni-Bewegung zum Schluss unerträglich, zumal ihm noch Veteranen aus der Zeit des Kampfes gegen den Nationalsozialismus angehören.
Die Juni-Bewegung verlor bei den Europawahlen zwei Abgeordnete und über die Hälfte der Stimmen. Im April 2005 hat sie sich gespalten. Einige der Ausgetretenen gründeten die »Denkfabrik« Ny Agenda und einen politischen Verein, der sich »Herausforderung Europa« nennt. Diese beiden Gruppen haben sehr rasch Mitglieder gewonnen, die in anderen Organisationen gegen den internationalen Neoliberalismus aktiv sind — wie Attac, die Rot-Grüne Allianz und die SF.

Die Sozialistische Volkspartei (SF)

Bei den Wahlen zum dänischen Parlament am 8.Februar dieses Jahres erlitt die SF erneut eine Wahlniederlage. Mit 6% der Stimmen und 11 Abgeordneten stellt sie heute nur noch die Hälfte dessen dar, was sie einmal auf ihrem Höhepunkt in den 80er Jahren war. Im Verlauf der 90er Jahre verwandelte sie sich unter dem Vorsitz von Holger K. Nielsen immer stärker in eine Pro-EU-Partei mit reformistischen Positionen in Bezug auf die EU. Im Januar stimmten die Parteimitglieder in einer Urabstimmung noch zu 63,8% für die EU-Verfassung. Fünf Monate später ergab eine Urabstimmung über den neuen Parteivorsitzenden 59% für Villy Søvndal, ein bekannter Vertreter des linken Parteiflügels, der erst kürzlich zum Ja übergetreten ist. Er muss nun lavieren. Die Parteijugend ist wieder zur Nein-Position übergetreten und hat ein Bündnis mit der offiziellen Nein-Fraktion in der SF geschlossen. Beide Strömungen arbeiten jetzt im Verein »Herausforderung Europa« eng mit der Rot-Grünen Allianz zusammen.

Die Rot-Grüne Allianz

Die Rot-Grüne Allianz (Enhedslisten — De Rød-Grønne) konnte bei den Parlamentswahlen im Februar die Zahl ihrer Mandate verdoppeln und erhielt mit 3,4% ihr bestes Ergebnis überhaupt. Seither hat sie 1000 neue Mitglieder gewonnen (40%). Sie zählt jetzt 3600 Mitglieder und strotzt vor Selbstvertrauen. In der Kampagne um die EU-Verfassung hat sie sich viel vorgenommen. Während sie zuvor im Rahmen der Juni-Bewegung oder der Volksbewegung agierte, hat sie nun eine eigenständige Kampagne geführt. Deren Schwerpunkt lag ganz klar auf der Solidarität mit der linken französischen und niederländischen Nein-Kampagne.
Der Trend zu einem »Nein von Links« nährt sich zum Teil aus dem Wunsch, einen Gegenpol zur rechtsextremen, populistischen Dänischen Volkspartei (DF) zu bilden. Da die SF ins Lager des Ja übergegangen ist, gibt es nur noch zwei Parteien im Parlament, die für das Nein eintreten: die Rot-Grüne Allianz auf der Linken und die DF auf der Rechten. Die DF entwickelt mehr und mehr zugleich sozial- und fremdenfeindlich orientierte Positionen. Die Rot-Grüne Allianz sah sich deshalb unter Druck, eine eigene Argumentation zur Untermauerung des Nein zu entwickeln. Sie hat der rechten Propaganda ein sozialistische und internationalistische Alternative gegenüber gestellt.
Es wächst das Verständnis für die Notwendigkeit stärker international koordinierter Antworten, Debatten und Kampagnen, die grenzübergreifend agieren und sichtbar machen, dass es ein anderes Europa geben kann.

Bjarke Friborg

Bjarke Friborg ist Kampagnensekretär der Rot-Grünen Allianz. (Übersetzung: Angela Klein.)

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