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Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, August 2005, Seite 19

Bücherkiste

Klassiker des Sozialismus

Hörbuch: Karl Marx/Friedrich Engels, Das Kommunistische Manifest. Eric J. Hobsbawn, 150 Jahre Kommunistisches Manifest. Gelesen von Rolf Becker, Hamburg: Argument-Verlag, 2005, 19,90 Euro

Waren sich noch viele Menschen nach der Wende 1989 sehr sicher, dass nun endlich das Gespenst des Kommunismus zum Schrotthaufen der Geschichte geworfen worden sei, so können sie nun eines Besseren belehrt werden. Dank der knorrigen Stimme des Schauspielers Rolf Becker, bekannt aus Film und Fernsehen, ist es nun wieder ganz sinnlich auferstanden.
Nicht etwa aus Ruinen wurde es wieder zum Leben erweckt, sondern aus einem Text von Marx und Engels, dem es, dank des Hörbuchs, in achtzig Minuten gelingt, jedem an der Gesellschaft interessierten Menschen die Entstehung des Kapitalismus und der modernen Bourgeoisie wissenschaftlich und verständlich zu erklären. »Die große Industrie hat den Weltmarkt hergestellt.« Das hört sich doch ganz aktuell an! Müsste also jeden »Globalisierungsgegner« interessieren, zumal die Existenz des Weltmarktes nicht nur festgestellt wird, sondern es werden auch die inneren Widersprüche dieser Industrie bestens unter die Lupe genommen, so der Widerspruch zwischen Lohnarbeit und Kapital, aus dem letztlich die modernen Klassenkämpfe resultieren — siehe den Bochumer Opelstreik 2004.
Doch das Hörbuch stellt mit einer zweiten CD noch eine weitere Kostbarkeit zur Verfügung. Rolf Becker liest eine Einführung in das Manifest von Eric J. Hobsbawn, die dieser 1998 anlässlich des 150.Geburtstags des Manifests geschrieben hatte. Hier räumt er mit der Vorstellung auf, der Kapitalismus sei quasi wie ein Naturgesetz zum Untergang verurteilt. Für die Autoren des Manifests sei der Mensch selbst Schöpfer seiner gesellschaftlichen Geschichte gewesen. »Die Gräber«, so Hobsbawn, »öffnen sich nicht allein, sie müssen von Menschen freigeschaufelt werden.« So ist das natürlich auch mit dem Hörbuch. Es muss von Menschenhand aus seiner Hülle befreit werden, damit seine Ohren zwei Stunden unterhaltsame und lehrreiche Signale ans hungrige Gehirn senden können.

Selbstportrait Che Guevara, Köln: Kiepenheuer & Witsch 2005, 320 Seiten, 19,90 Euro



Ein wunderschönes Buch mit sehr vielen unbekannten Fotos des 1928 in Argentinien geborenen Ernesto Che Guevara, dessen Texte, ausgewählt aus Tagebuchaufzeichnungen, Interviews und Briefen des Revolutionärs, einen Menschen zeigen, den etwas völlig anderes charakterisierte als die egoistische Selbstverliebtheit des »American way of life«. Guevara war alles andere als ein Fantast der Revolution. In einem Zeitungsinterview sagte er: »Ich glaube, dass ich eine Mission zu erfüllen habe auf dieser Welt, und dieser Aufgabe muss ich alles opfern, jedes tägliche Vergnügen, ein Zuhause, persönliche Sicherheit und möglicherweise auch mein eigenes Leben. Das ist meine Verpflichtung, und von der kann ich mich nicht befreien, solange ich lebe. Ich spüre das Leiden jedes Landes in Südamerika und überall sonst auf der Welt.«
Moderne Menschen werden über diese charakterliche Prägung Guevaras sicher nur hochnäsig lächeln, doch es scheint nicht von ungefähr, dass gerade viele junge Menschen Ches Konterfei mit Stolz auf ihren T-Shirts tragen. Sie ahnen, dieser Mensch war anders, als die satten und klug schwätzenden Erwachsenden in unserem Land.
Dieser Bildband trägt sehr dazu bei, die »Kult-Figur« Che in seiner menschheitsbezogenen Lebenseinstellung zu zeigen. Guevara war ein Individuum im echten Sinne des Wortes — das wird auf jeder Buchseite, mit jedem Foto deutlich —, ein bewusster Teil der menschlichen Gattung. Er verschlang die Bücher der Weltliteratur, die Gedichte der lateinamerikanischen Poeten und studierte von der Philosophie bis zur Ökonomie alle Schriften, von denen er hoffte, mehr Erkenntnis über die konkrete Wirklichkeit Kubas zu erlangen.
»Ich habe mich mit Meister Hegel herumgeschlagen und bin in der ersten Runde zweimal zu Boden gegangen. Wir haben eine Menge erreicht, aber irgendwann werden wir auch denken lernen müssen.« Diese Zeilen finden sich in einem Brief an Armando Hart, den er »Mein lieber Sekretär« nennt. Er entwickelt in diesem Brief einen kompletten Schulungsplan für die kubanischen Revolutionäre, in dem weder Demokrit, Kant, Hegel, Marx, Luxemburg noch die Theoretiker des Kapitalismus, wie bspw. Marshall, Keynes, Schumpeter fehlten.
Das Buch animiert jeden, der die Entfremdungen des Kapitalismus zu spüren und fühlen vermag, mit Leidenschaft gegen diese zu kämpfen. Denn, so schreibt Ernesto seiner geliebten Mutter: »Leidenschaft ist vonnöten für jedes große Werk.«

Jürgen Meier

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