SoZSozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, August 2005, Seite 22

Südkorea 2004, Regie: Kim Ki-Duk; mit Lee Seung-yeon und Jae Hee; Kinostart in der BRD: 11.August 2005

Bin Jip

Ein Film, der fast ohne Worte auskommt und der eine wundervolle Liebesgeschichte erzählt. Das ist Bin Jip, der neue Film des koreanischen Regisseurs Kim Ki-Duk.
Tae-suk ist ein merkwürdiger Einbrecher. Er fährt mit seinem Motorrad durch die Gegend und verteilt Werbezettel. Wenn er dabei bemerkt, dass eine Wohnung leer ist, zieht er ein und wohnt eine Weile dort. Er stiehlt nichts. Dabei trifft er Sun-hwa, die unglücklich verheiratet ist. Sie folgt ihm und das Spiel wird zu zweit fortgesetzt. Die Hausbesitzer, die die beiden gelegentlich doch antreffen, reagieren nicht sehr verständnisvoll und so landet Tae-suk im Gefängnis und Sun-hwa wieder im Eheknast bei ihrem brutalen Mann.
Der Film lebt von seinen Bildern. Gesprochen wird wenig und nur das Allernötigste. Schon ein Blick reicht und es ist klar, ob sich zwei Menschen lieben oder hassen. Das Liebesspiel ist genauso wortkarg wie das Duell mit dem verhassten Gefängniswärter. Das Erste ist wunderschön, das Zweite enthält Slapstickelemente, die die Brutalität des Gefängniswärters ins Leere laufen lassen.
Tae-suk geht in Wohnungen aller Art. Von der Luxusvilla bis zur kleinen Schachtelwohnung. So erhält man ebenfalls ohne viel Worte einen sozialen Querschnitt der Stadt. In den Wohnungen spricht die Wohnungseinrichtung für die Besitzer, durch die man über sie fast soviel erfährt, als wenn sie ihre ganze Lebensgeschichte erzählen würden.
Der Film ist manchmal so traurig und gleichzeitig so schön, dass man ganz beschwingt das Kino verlässt. Das wortlose Einverständnis der beiden Protagonisten scheint das Geheimnis des Films zu sein. Diese vollkommene aber nicht künstlich wirkende Harmonie ist wirklich traumhaft. In den weniger schönen Szenen des Films tritt Gewalt an die Stelle der Worte. Diese Gewalt geht entweder von den Vertretern der Staatsmacht oder von den Hausbesitzern aus. Tae-suk ist nur einmal unabsichtlich brutal, danach weint er. Die Polizisten, Gefängniswärter und Hausbesitzer sieht man nie weinen. Sie bereuen ihre — absichtliche — Brutalität nicht und am Ende verlieren sie. So ist der Film auch sehr optimistisch. Die wortlose harmonische Liebe besiegt den herrschenden Hass.
In der Presseankündigung zum Film heißt es: »Gemeinsam ziehen sie von einer leerstehenden Wohnung zur nächsten, bis die Polizei ihrem anarchischen Treiben ein vorläufiges Ende bereitet…« Die Betonung liegt hier auf vorläufig. Denn am Ende siegt die Anarchie im positiven Sinne des Wortes.
Es ist schwer, um einen Film, der mit so wenig Worten auskommt, viele Worte zu machen, da die Gefahr besteht, ihn zu zerreden. Empfehlung: Unbedingt reingehen und sich entführen lassen.

Andreas Bodden

Informationen und Meinungen sollten keine Waren sein. Und Geld ist ein Fetisch. Dennoch und ganz praktisch: Die Online-SoZ sieht nur umsonst aus. Wir brauchen Eure Euros.
Spendet steuerlich abzugsfähig!
VsP, Postbank Köln, BLZ 370100 50,
Kontonummer 603 95 04


zum Anfang