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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Oktober 2005, Seite 4

Bundestagswahl Niederbayern

Das schwarze Loch

von ERNST A. KLUGE

Zwischen München und Passau befindet sich etwas, was man sonst nur aus der Astronomie kennt: ein Schwarzes Loch. Hier fährt die CSU in den ländlichen Wahlkreisen Rottal-Inn (Niederbayern) und im benachbarten Altötting (Oberbayern) zuverlässig Wahlergebnisse weit oberhalb der 60%-Marke ein, von hier stammt der frisch gekürte Papst und die neue Linkspartei gilt als Teufelswerk.
Umso erstaunlicher, dass bei der Bundestagswahl die Ergebnisse für letztere gar nicht so weit unter dem Landesdurchschnitt lagen. 2,5% in Rottal-Inn, 2,7% in Altötting (hier trat der ehemalige Juso-Kreisvorsitzende, jetzt WASG, für die Linke an), 2,8% in Traunstein (wo ein ehemaliger SPD-Landtagsabgeordneter, jetzt WASG, für die Linkspartei kandidierte) und sogar 3,5% in Passau.
Die Zusammenarbeit zwischen WASG und PDS war und ist im Gegensatz zu den Querelen in München in Niederbayern übrigens problemlos, was unter anderem damit zusammenhängt, dass unter den PDS-Mitgliedern wie unter den WASGlern zahlreiche Exsozialdemokraten sind. Wenn es nach ihnen ginge, wäre die Vereinigung schon vollzogen.
Letztlich verwundern die Ergebnisse der Linkspartei in Niederbayern, wenn man weiß, dass die PDS in dieser Region bisher nur über eine Handvoll Mitglieder verfügte, ihre Wahlergebnisse bisher weit unter der 1%-Marke lagen und die Kreisverbände der WASG in Traunstein und Altötting erst wenige Wochen vor der Wahl gegründet wurden. Im Kreis Rottal-Inn und in Passau gab es bis zur Wahl überhaupt keine lokalen Strukturen. Angesichts der Tatsache, dass sich der Wahlkampf der WASG im Wesentlichen auf Altötting, Burghausen und Traunstein, also die Städte, beschränkte, sind die im Schnitt knapp 3% besonders erstaunlich.
Andererseits auch wieder nicht: Die Region verfügt mit dem sog. Chemiedreieck (Wacker, Hoechst, OMV) über einen hohen Arbeiteranteil und die Beschäftigten wurden in den letzten Jahren unter tätiger Mithilfe der Betriebsräte mit Lohnkürzungen, unbezahltem Urlaub und Entlassungen ganz schön gebeutelt. Die Arbeitslosigkeit ist hoch und viele Pendler müssen bis nach München fahren. Die von den Wahlauguren der Umfrageinstitute in der Wahlnacht präsentierte Tatsache, dass die Linkspartei überproportional von Arbeitern und Arbeitslosen gewählt wurde, hat sich auch im schwarzen Niederbayern bestätigt. In Einzelnen einschlägig soziologisch zuzuordnenden Gemeinden lag der Stimmenanteil über 3%.
Natürlich hat die CSU wieder mit weitem Abstand alle Wahlkreise und Direktmandate gewonnen, aber sie hat gleichzeitig überall massiv Stimmen abgegeben, und das nicht nur an die FDP, bei nur unwesentlich gesunkener Wahlbeteiligung.

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