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Heute soll es an dieser Stelle wieder um einen »kleinen« Film gehen, den Film Bombón. Dabei handelt es
sich nicht um eine Süßigkeit, sondern um einen Hund. Es ist auch kein kleiner »süßer« Hund sondern eine ausgewachsenen
Dogge mit einem riesigen Maul und entsprechendem Gebiss. Der volle Name dieses mit Stammbaum versehenen Rasseköters lautet »Bombón
de Le Chien«.
Der zweite Hauptdarsteller des Films ist Juan Villegas. Er ist ein arbeitsloser Tankwart, der
sich mit allerhand Gelegenheitsjobs durchs Leben schlägt. Sein Gesichtsausdruck, seine Gestik, sein ganzes Auftreten weisen ihn als die
Gutmütigkeit selbst aus. Jemand, »der zu gut für diese Welt ist«.
Dieser einfache gutmütige Mensch bekommt nun für einen Dienst, den er einer
reichen Familie leistet, den aristokratischen Rassehund geschenkt. Einen stärkeren Kontrast als dieses Paar kann man sich beim besten Willen nicht
vorstellen: Die personifizierte Gutmütigkeit in trauter Eintracht mit der (scheinbar) personifizierten Gefährlichkeit.
Juan Villegas weiß zunächst nicht, was er mit dem Tier anfangen soll, bis er
Kontakt zu einem Hundezüchterverein bekommt, der auch an Wettbewerben teilnimmt. Der dort tätige Walter Donado verspricht ihm denn auch das
Blaue vom Himmel und natürlich das große Geld. Tatsächlich gewinnt Bombón bei einer Hundeschau einen Preis…
Der Film spielt in Patagonien, jenem Teil von Argentinien, der so nah am Südpol ist, das
er eher Skandinavien gleicht als der europäischen Vorstellung vom sonnigen Südamerika. Die Leute dort arbeiten in der Ölförderung
oder eben in Tankstellen, wenn sie denn überhaupt Arbeit haben. Denn die Krise, in der Argentinien seit Jahren steckt, macht auch vor dem tiefen
Süden nicht halt.
Doch Juan Villegas ist unverzagt. Unermüdlich ist er dabei, sich irgendwie seinen
Lebensunterhalt zu improvisieren. Er bleibt dabei immer auf eine angenehme Art freundlich: Der nette Typ, den man gern als Großvater hätte.
Regisseur Carlos Sorin hat auch diesen Film ebenso wie Historias mínimas wieder mit
Laiendarstellenden gedreht. Thema des Films sind die einfachen Leute in Patagonien und wie sie ihren Alltag bewältigen, ohne sich unterkriegen zu
lassen. Ein sehr ruhiger Film ohne jegliches Pathos mit einem unterschwelligen Humor. Dieser kann manchmal auch derb sein, wenn z.B. die vergeblichen
Versuche Bombons gezeigt werden, eine Hündin zu decken.
Politik kommt in diesem Film nicht vor, obwohl er in einem Land spielt, das seit dem
Dezember 2001 einige Aufsehen erregende Umwälzungen erlebt hat. Das »que se vayan todos« (alle sollen abhauen), das während des
Volksaufstands 2001 die Parole gegen alle etablierten Politiker war, wirkt sich in diesem Film dahin gehend aus, dass Politik allgemein als etwas Schmutziges
angesehen wird. Von einem wird gesagt, er habe sich mit allem beschäftigt außer mit Politik.
So bleibt vom Aufbegehren nur die Suche nach dem persönlichen Glück. Das wird
in diesem Film aber nicht individualistisch auf Kosten der anderen, sondern gemeinsam gesucht. Die gegenseitige selbstverständliche und unaufdringliche
Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft zieht sich durch den ganzen Film. Wenn der Film eine Botschaft hat, dann die, dass im allgemeinen Unglück nicht
jeder des anderen Wolf werden soll. Die Dogge Bombón sieht eben auch nur gefährlich aus. So ist der Film trotz aller Melancholie doch auch
optimistisch.
Wer nicht nach dem großen Wort, der großen Geste und fertigen Lösungen
sucht, sondern eine kleine melancholische aber optimistische Alltagsgeschichte sehen möchte, ist bei Bombón genau richtig. Die Tatsache, dass die
Darstellenden Laien sind, macht den Film nur glaubwürdiger.
Andreas Bodden
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