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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Oktober 2005, Seite 22

Aufgeblättert

Unbequeme Reden aus dem Busch

kum‘a Ndumbe, Essays, Erzählungen, Theaterstücke, Anthologie in elf Bänden, bis Oktober noch nummeriert und signiert zum Subskriptionspreis von 158 Euro, Berlin: Verlag Exchange & Dialogue , Januar 2006

Ich kann es nicht lassen, Menschen aufzurütteln.« Dieses Selbstbekenntnis könnte den Titel für das ungewöhnliche literarische Werk des Prinzen Kum‘a Ndumbe aus Kamerun abgeben. Der traditionelle König ist promovierter Historiker und Germanist sowie habilitierter Politikwissenschaftler und man kennt ihn in Deutschland. Er lehrte an der Freien Universität Berlin, er schrieb Essays, Erzählungen und Theaterstücke — in deutsch, englisch, französisch und douala. Und er hielt Reden vor unzähligen Politikern, Entwicklungsexperten, Kirchenleuten und Wissenschaftlern von Berlin bis Wien. »Reden aus dem Busch«, wie er selbst sagt. Unbequeme Reden, die die Europäer herausforderten. Das dürfte der Grund sein, warum sie in Deutschland nicht gedruckt wurden. Darum hat Kum‘a Ndumbe sie im neugegründeten Verlag Exchange & Dialogue jetzt selbst herausgegeben.
Anmaßend könnte es in der ehemaligen Kolonialmacht Deutschland geklungen haben, wenn der selbstbewusste Afrikaner bemängelt, dass die Basistexte afrikanischer Wissenschaftler und Historiker hierzulande bis heute ignoriert werden. Wenn er behauptet, das westliche politische und wirtschaftliche System habe seinem Kontinent weder entscheidende Modernisierung noch Entwicklung gebracht. Wenn er kritisiert, dass die internationale Entwicklungshilfe die Schuldenberge der Nehmerländer in die Höhe getrieben habe. Dabei ist Kum‘a Ndumbe keineswegs unkritisch gegenüber den hausgemachten politischen Plagen Afrikas. Er klagt die Willkür und das Raubrittertum der europäisierten afrikanischen Eliten an und fordert mehr Demokratie und mehr Partizipation der Zivilgesellschaften. Aber er führt auch die historischen Gründe für diese Fehlentwicklungen an und macht einmal mehr die »Außenbestimmtheit« afrikanischer Länder dafür verantwortlich. Alle Bereiche afrikanischen Lebens wurden von Europa überformt: Wirtschaft, Politik, Wissenschaft.
Dennoch ist sein Anliegen nicht Widerspruch per se. Vielmehr versteht sich Kum‘a Ndumbe als Vermittler zwischen den Welten. Er, der sich auskennt in Frankreich, Deutschland und vielen afrikanischen Staaten ist ein Grenzgänger zwischen den Kulturen und als solcher pflegt er eine »pédagogie amoureuse«, wie er sagt, eine von Liebe geprägte Pädagogik, »um sich besser zu verstehen und einander näher zu kommen.« Er will seine Zuhörer und Leser zu einer engagierten Begegnung einladen mit dem Ziel, aufrichtig voneinander zu lernen. Über den deutschen Kolonialismus in Kamerun, über afrikanische Germanistik, über Entwicklungsstrategien, über Afrika in der Globalisierung und Afrika im Aufbruch. Und das macht auch den Reiz der elfbändigen Anthologie aus. Sie ist Zeugnis seines 37-jährigen unermüdlichen Bemühens um Verständigung, die Prinz Kum‘a Ndumbe III auch mit seiner kleinen aber feinen Organisation »AfircAvenir« betreibt.

Birgit Morgenrath

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