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Ende Oktober veröffentlichten die vier größten
Energieversorgungsunternehmen und die Gewerkschaften Ver.di und IGBCE eine gemeinsame Erklärung in
Richtung Koalitionsverhandlungen, in dem sie eine gemeinsame Energiepolitik und »mehr Realismus«
einfordern.
Wen schon das Zusammengehen der beiden
Gewerkschaften mit den Energieversorgungsunternehmen (EVU) auf einer Linie wundert, hat vergessen, dass
beide Gewerkschaften ständig ihre politische Rolle in der Mitgestaltung der
Elektrizitätsversorgung, der Bergbau- und Atomaktivitäten gesehen haben. Trotzdem ist es immer
wieder erstaunlich, zu welchen Aussagen sich Gewerkschaftsvorstände hinreißen lassen, wenn sie
mit den Unternehmen an einem Tisch sitzen. Eine Unterscheidung zwischen den Interessen der
Beschäftigten und der Konzerne gibt es dabei nicht mehr.
Eine Kernaussage ist das Lob der
Liberalisierung des Energiemarkts, die den EVUs eine ökonomisch und ökologisch erfolgreiche und
sozial ausgleichende Rolle zubilligt. Nun haben vor kurzem Untersuchungen gezeigt, dass von den zehn
umweltschädlichsten Kraftwerken in Europa fünf in Deutschland stehen und hauptsächlich vom
RWE betrieben werden, die selbstverständlich Hauptautor des Papiers sind.
In jüngster Zeit sind alle EVUs vor
allem durch steigende Energiepreise aufgefallen, d.h. die Rohstoffpreise beim Erdöl wurden in
klingende Münze für die Energieversorger umgesetzt, vor allem beim Gas, was in der
Öffentlichkeit nicht gerade für soziales Verhalten gesehen wird. Dass solche Selbstwerbung von
den Gewerkschaften mit unterschrieben wird, ist eine Provokation der Bevölkerung, die die Folgen zu
bezahlen hat.
Der daraufhin aufgekommenen Forderung nach
Kontrolle der Energiepreise setzen die Autoren des Papiers den Satz entgegen: »Eingriffe in die
Preisbildung würden diese Investitionen (d.h. den geplanten Ausbau der Kraftwerke und Netze) behindern
und sind deshalb abzulehnen.« Warum sollten die Gewerkschaften auch dafür sorgen, dass die
notwendigen Interessen der Verbraucher gewahrt werden? Sind ihre Mitglieder keine Strom- und Gaskunden?
Des weiteren gilt die Sorge der Unternehmen
und der beiden Gewerkschaften der Wettbewerbsfähigkeit. Nachdem der nationale Strommarkt zwischen den
vier Beteiligten EVUs bestens aufgeteilt ist und ein Wettbewerb kaum noch stattfindet, wird nun eine
Ausdehnung der Emissionsrechte und ein Sinken der Preise für die Zertifikate gefordert,
zusätzlich sollen einige Kraftwerke davon befreit werden.
Dazu wird die ökologische und
preisdämpfende Rolle der Kernenergie hervorgehoben sie habe keine Emissionen und sei nicht an
Importpreissteigerungen gebunden. Es wird gefordert, »den Einsatz der Kernenergie allein auf den
Sicherheitsnachweis der Anlagen abzustellen«. Das wäre nichts anderes als die Forderung nach
Ausstieg im Interesse der EVUs. »Einzelne Energieträger dürfen nicht aus ideologischen
Gründen aufgegeben werden«, lautet das zusammengefasste Ziel des Papiers.
Die Wettbewerbsfähigkeit ist nach
Meinung der sechs beteiligten Organisationen auch durch Ausweitung europäischer Vorschriften im
nationalen Rahmen gefährdet sowie dadurch, dass ökologische Ziele nicht genügend mit
wirtschaftlichen Zielen verbunden würden. Wettbewerbsfähigkeit über alles solange sie
den Zielen der EVUs nützt, und dafür sollte die Politik »langfristig stabile
Rahmenbedingungen« setzen.
Dieses neoliberale Papier, das mit
»Mehr Realismus in der Energie- und Umweltpolitik erforderlich« betitelt ist, zeigt einen
völligen Mangel an eigenständigen sozialen oder gewerkschaftlichen Forderungen, die bei
gleichberechtigter Autorenschaft womöglich zu erwarten gewesen wäre.
IGBCE- und Ver.di-Vorstand haben einfach
unterschrieben, was sowieso gängige Form und Politik von E.on, EnBW, RWE und Vattenfall sind. Nicht
nur kein Wort zur Sorge der Bevölkerung über steigende Energiepreise, kein Wort zu den
Wettbewerbsverzerrungen, die der deutsche Strommarkt inzwischen aufweist, kein Wort zu den
Arbeitsplätzen oder eine Erklärung zu sozialen Fragen, kein Wort zu den tatsächlichen
Notwendigkeiten des Weges weg von fossilen Energien.
Der Ver.di-Vorsitzende Bsirske sah sich
aufgrund von Protesten in der Mitgliedschaft gezwungen, eine maue Klarstellung hinterher zu reichen, dass
Ver.di an der bisherigen Politik festhalte. Das mag dann die höchste Form des »Realismus«
sein, zu der er fähig ist. Aus der IGBCE ist noch nicht mal dies zu hören.
Eine Allianz aus Unternehmen und
Gewerkschaften wird vorgezeigt, die sich auch nicht mit einem Wort um Klima- oder Strahlungsschäden
und deren menschliche und soziale Folgen sorgt, deren Politik einzig und allein der Wettbewerbsposition und
damit den wahrlich nicht niedrigen Profiten der Energieerzeuger dient.
Die Mitglieder der beteiligten
Gewerkschaften sollten im eigenen Interesse den Auszug aus einer solchen unheiligen Allianz fordern.
Rolf Euler
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