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SoZ SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.24 vom 26.11.1998, Seite 17

25. November

Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen

Der "Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen" am 25.November ist ausnahmsweise ein Tag, der nicht von der UNO ausgerufen wurde, wie die diversen Tage der Menschenrechte, des Flüchtlings, des Nichtrauchens und des Herzinfarkts, die mehr oder weniger sang- und klanglos an uns vorüberziehen. Der 25.November wurde auch nicht in Europa oder den USA begründet, und es steht keine einfluáreiche Institution hinter diesem Datum. Dennoch finden in vielen Ländern an diesem Tag Veranstaltungen und Straáenaktionen der autonomen Frauenbewegungen statt, die lautstark gegen die verschiedenen Formen der Gewalt gegen Frauen protestieren.
  Am 25. November 1960 starben in der Dominikanischen Republik Patria, Minerva und Maria Teresa Mirabal durch einen Autounfall. Alle drei Schwestern waren aktiv am Widerstand gegen die Militärdiktatur unter Raffael Trujillo beteiligt gewesen, der seit dem Militärputsch 1930 bis zu seiner Ermordung 1961 ein menschenverachtendes Regime in der Dominikanischen Republik führte.
  Patria, die älteste der drei, wurde beschuldigt, das Treffen organisiert zu haben, das zur Gründung der "Geheimen Bewegung des 14.Juni" führte. Maria Teresa, die jüngste, war aktives Mitglied dieser Widerstandsbewegung. Sie wurde mehrfach festgenommen, verhört und landete schlieálich in dem berüchtigten "40." Foltergefängnis. Dort war auch bereits Minerva inhaftiert, die mittlere Schwester.
  Minerva war von allen drei am meisten in Ungnade gefallen. Sie kämpfte nicht nur gegen Trujillo und das Militärregime, sie kämpfte auch für Frauenrechte und stellte alle Normen in Frage, die in dieser Zeit für Frauen in der Dominikanischen Republik galten. Sie rauchte in aller Öffentlichkeit, sie fuhr als erste Dominikanerin Auto, sie vertraute auf ihre eigenen Ideen und vertrat diese mit überzeugender Stärke. Seit 1949 war Minerva immer wieder verhaftet worden. 1959 landete sie schlieálich in jenem berüchtigten Foltergefängnis, weil sie auf einem Treffen in der Hauptstadt die Gründung einer militärischen Widerstandsbewegung vorgeschlagen hatte.
  Auf Druck der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und der Kirche muáten die Mirabal-Schwestern aber jedesmal wieder entlassen werden. Sehr zum Ärger des Diktators Trujillo, der 1960 erklärte, er habe zwei Probleme: Die Kirche und die Mirabal-Schwestern. Zu diesem Zeitpunkt, Trujillo war gerade einem Anschlag entgangen, wurden Minerva und ihre Kampfgefährtinnen bereits im ganzen Land verfolgt.
  Am 25.November, 23 Tage nachdem Trujillo die Mirabal-Schwestern zu seinem Hauptproblem erklärt hatte, passierte jener "Unfall", der Patria, Maria Teresa, Minerva und ihren Fahrer Rufino de la Cruz das Leben kostete. Der Mord an den drei Schwestern brachte den Widerstand gegen die Militärdiktatur auf seinen Höhepunkt. Wenige Monate später wurde Trujillo gestürzt.
  Beim ersten Treffen lateinamerikanischer und karibischer Feministinnen 1981 in Kolumbien wurde der Todestag der drei Mirabal-Schwestern zum Jahrestag der Gewalt gegen Frauen in ganz Lateinamerika gemacht. Der Funke sprang über. Seit 1987 nutzen Feministinnen in vielen Ländern der Welt den 25.November, um mit ihrem Kampf gegen Gewalt an Frauen an die Öffentlichkeit zu gehen.
  Birgit Huber
 
  Die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes hat den diesjährigen 25.November dem Thema "Frauenhandel" gewidmet. Dazu wurde eine Aktionsmappe mit Hintergrundartikeln und Aktionsvorschlägen erstellt, die für 15 Mark zu beziehen ist bei: Terre des Femmes, Postfach 2565, 72015 Tübingen, Fon (07071) 7973-0.
 


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