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SoZ SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.25 vom 10.12.1998, Seite 2

kurz

& Saatgut

Vor ungefähr 7000 Jahren machten Frauen eine Entdeckung: durch Zucht und Auswahl erschufen sie z.B. aus unscheinbarem mexikanischem Gras samenschweren Mais. So konnten wesentlich mehr Menschen als zuvor in einem bestimmten Gebiet ernährt werden.
  Etwa 500 verschiedene Kulturpflanzen in einer unzählbaren Sortenvielfalt entwickelte die Menschheit im Laufe der Jahrhunderte. Heute decken 95% des Energiehaushalts etwa 30 verschiedene Arten. Am Anfang diesen Jahrhunderts wurden in Indien mehr als 30000 Reissorten angebaut. Nach einem halben Jahrhundert Entwicklungspolitik sind es noch ungefähr 50.
  In den 40er Jahren wurden in den USA sogenannte Hybridpflanzen entwickelt. Die Erträge dieser Sorten sind wesentlich höher, als die der von Bauern selbst gezüchteten, aber sie sind unfruchtbar. Das Saatgut muß bei den Saatgutfirmen jedes Jahr neu gekauft werden. Im 1960 gegründeten Internationalen Reisforschungsinstitut wurden 83000 Sorten Reis gesammelt. Patentiert wurde von diesem Institut eine Sorte, die dort aus dieser Vielfalt gekreuzt wurde, statt in 180 Tagen in 60 Tagen reift und Dürre und Überflutungen trotzt. Die hochgezüchteten Sorten sind nicht nur anfälliger gegen Krankheiten und Insekten, sie benötigen auch Dünger, der lediglich bei den Saatgut- bzw. Chemiefirmen zu erwerben ist. In der ersten Phase der Industrialisierung des Reisanbaus auf den Philippinen stieg der Ertrag des Reisanbaus um 70%, während die Einnahmen der Reisbauern um 60% sanken.
  Die Gentechnik kann zwar auch den Ertrag nur unwesentlich erhöhen, sie ist jedoch interessant, da sie wesentlich billiger als alle herkömmlichen Verfahren eine Pflanze "designen" kann, die gegenüber einem bestimmten Pflanzengift immun ist. Klar, daß nur die Entwicklerfirma dieses "Unkrautvernichtungsmittel" anbietet. Gensammler sämtlicher Saatgutfirmen sammeln aussterbendes Saatgut, um es in Genbanken abzulegen. Wenn dann überzüchtete Sorten durch Krankheiten vernichtet werden, soll den Bauern die Möglichkeit gegeben werden, neue Sorten einzukaufen. Die von der BRD betriebene Samenbank in Braunschweig hat z.B. 9000 Muster von Kartoffelzellen gesammelt.
  Zitat zum Thema
  "Diese Genbänke sind Gensärge. Was da reinkommt, wird nicht mehr lebend rauskommen."
  Major Goodmann, Pflanzengenetiker an der Universität Chapel Hill (North Carolina) mit Hinweis, darauf, daß bis zu 50% der in Genbanken gesammelten Samen unbrauchbar sind
 


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