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Wo liegen die Gründe für das rabiate Draufschlagen der Amerikaner
und ihrer britischen Verbündeten? Warum ließ es Clinton dabei sogar auf einen Konflikt mit
Rußland, China und auch Frankreich ankommen? Einige verweisen auf die zeitliche Nähe der
Bombardements zum Impeachment-Verfahren gegen Clinton wegen seiner Lewinski-Affäre. Doch die
Gründe liegen tiefer. Es geht um die Interessen des US-amerikanischen Kapitals.
Schon seit längeren ist zu beobachten, daß Rußland oder Frankreich dem Wunsch des Irak
nach Aufhebung des Wirtschaftsembargos positiv gegenüberstehen. Insgesamt mehr als 60
Ölunternehmen zeigen derzeit ein großes wirtschaftliches Interesse an einer Aufhebung des
Embargos.
Die irakische Regierung will den Gewinn aus 25 neu zu erschließenden Ölfeldern nur mit
Unternehmen aus jenen Staaten teilen, die öffentlich für die Aufhebung von Sanktionen eintreten.
Dabei geht nicht um Peanuts: Der Irak verfügt über die zweitgrößten
Erdölvorräte der Welt. Vor allem russische und französische Konzerne haben mittlerweile
milliardenschwere Verträge über die Ausbeutung irakischen Öls unterzeichnet.
Rußland benötigt überdies die Rückzahlung von Schulden aus sowjetischen
Waffenlieferungen.
Der Irak schuldet insgesamt 7,8 Milliarden US-Dollar aus Waffengeschäften und militär-
technischer Zusammenarbeit. Rußlands Gesamtausfall von ausgebliebenen Schuldenerstattungen,
Öllieferungen und Handelsbeziehungen infolge der Sanktionen wird auf fast 50 Milliarden US-Dollar
beziffert. Insofern haben sie ein doppeltes Interesse an der Aufhebung des Embargos.
Die USA und Großbritannien wären die Verlierer beim Kampf um die Neuaufteilung der irakischen
Öllizenzen. Denn auf der Liste der künftigen Vertragspartner des Irak im Ölgeschäft
findet sich nicht ein einziger der mächtigen amerikanischen und britischen Ölkonzerne. Weil das
Regime Saddam Husseins ihre Konzerne von den irakischen Ölfelder fernhält, haben beide
Regierungen kein Interesse daran, daß das Wirtschaftsembargo gegen den Irak aufgehoben oder auch nur
abgeschwächt wird.
Schon in der Irak-Krise im Februar 1998 blieb den USA nicht verborgen, daß Rußland und
Frankreich bereit waren, schrittweise das Embargo abzuschwächen. Die US-Regierung stand vor der
Alternative, entweder von der bisherigen Konfrontationsstrategie gegen den Irak abzurücken oder aber
den Eskalationskurs abermals zu verschärfen. Im November 1998 berichteten die Washington Post und
International Herald Tribune übereinstimmend, daß sich die USA für die Strategie der
Eskalation entschieden haben.
Der Plan sah vor, die Stützen der Macht Saddam Husseins durch gezielte, massive und über viele
Tage andauernde Bombardierungen zu zerschlagen. Mit dieser Politik der verbrannten Erde hofften die USA das
zu erreichen, was das Embargo nicht bewirkt hatte: eine allgemeine Revolte gegen das Saddam-
Regime.