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SoZ SoZ - Sozialistische Zeitung Nr. 02 vom 21.01.1999, Seite 3

Clintons Vier-Tage Krieg

Business as usual

von FRANZ MEYER

Wo liegen die Gründe für das rabiate Draufschlagen der Amerikaner und ihrer britischen Verbündeten? Warum ließ es Clinton dabei sogar auf einen Konflikt mit Rußland, China und auch Frankreich ankommen? Einige verweisen auf die zeitliche Nähe der Bombardements zum Impeachment-Verfahren gegen Clinton wegen seiner Lewinski-Affäre. Doch die Gründe liegen tiefer. Es geht um die Interessen des US-amerikanischen Kapitals.
  Schon seit längeren ist zu beobachten, daß Rußland oder Frankreich dem Wunsch des Irak nach Aufhebung des Wirtschaftsembargos positiv gegenüberstehen. Insgesamt mehr als 60 Ölunternehmen zeigen derzeit ein großes wirtschaftliches Interesse an einer Aufhebung des Embargos.
  Die irakische Regierung will den Gewinn aus 25 neu zu erschließenden Ölfeldern nur mit Unternehmen aus jenen Staaten teilen, die öffentlich für die Aufhebung von Sanktionen eintreten. Dabei geht nicht um Peanuts: Der Irak verfügt über die zweitgrößten Erdölvorräte der Welt. Vor allem russische und französische Konzerne haben mittlerweile milliardenschwere Verträge über die Ausbeutung irakischen Öls unterzeichnet. Rußland benötigt überdies die Rückzahlung von Schulden aus sowjetischen Waffenlieferungen.
  Der Irak schuldet insgesamt 7,8 Milliarden US-Dollar aus Waffengeschäften und militär- technischer Zusammenarbeit. Rußlands Gesamtausfall von ausgebliebenen Schuldenerstattungen, Öllieferungen und Handelsbeziehungen infolge der Sanktionen wird auf fast 50 Milliarden US-Dollar beziffert. Insofern haben sie ein doppeltes Interesse an der Aufhebung des Embargos.
  Die USA und Großbritannien wären die Verlierer beim Kampf um die Neuaufteilung der irakischen Öllizenzen. Denn auf der Liste der künftigen Vertragspartner des Irak im Ölgeschäft findet sich nicht ein einziger der mächtigen amerikanischen und britischen Ölkonzerne. Weil das Regime Saddam Husseins ihre Konzerne von den irakischen Ölfelder fernhält, haben beide Regierungen kein Interesse daran, daß das Wirtschaftsembargo gegen den Irak aufgehoben oder auch nur abgeschwächt wird.
  Schon in der Irak-Krise im Februar 1998 blieb den USA nicht verborgen, daß Rußland und Frankreich bereit waren, schrittweise das Embargo abzuschwächen. Die US-Regierung stand vor der Alternative, entweder von der bisherigen Konfrontationsstrategie gegen den Irak abzurücken oder aber den Eskalationskurs abermals zu verschärfen. Im November 1998 berichteten die Washington Post und International Herald Tribune übereinstimmend, daß sich die USA für die Strategie der Eskalation entschieden haben.
  Der Plan sah vor, die Stützen der Macht Saddam Husseins durch gezielte, massive und über viele Tage andauernde Bombardierungen zu zerschlagen. Mit dieser Politik der verbrannten Erde hofften die USA das zu erreichen, was das Embargo nicht bewirkt hatte: eine allgemeine Revolte gegen das Saddam- Regime.