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Von der am 7.Februar bevorstehenden Landtagswahl in
Hessen wird auch ein erster Test für die Bonner Koalition erwartet. Nach einer
von der Frankfurter Rundschau veranlaßten Umfrage drei Wochen vor der Wahl
kämen auf die SPD 42 Prozent der Stimmen (4 Prozentpunkte mehr als 1995),
auf die Grünen 9 Prozent (-2); die CDU erhielte unverändert 39 Prozent,
die FDP 6 Prozent (-1) und die REPs blieben mit 2 Prozent draußen. Die
"rot"-grüne Koalition in Hessen hätte also mit 51 Prozent eine
klare Mehrheit vor CDU und FDP mit 45 Prozent.
Im Dezember 1998 lag die SPD jedoch in einer Umfrage mit 45 Prozent weit vor der
CDU, der nur 37 Prozent vorausgesagt wurden. Der Vorsprung von "Rot"-
Grün ist also geschmolzen.
Auf den ersten Blick rätselhaft ist die Meinung der Wahlberechtigten über
zwei zentrale hessische Streitthemen. 58 Prozent stimmen einem weiteren Ausbau des
Frankfurter Flughafens zu. Sogar eine Mehrheit von 56 Prozent der betroffenen
Anrainer ist dafür und nur 37 Prozent von ihnen dagegen. Zwar sind 54 Prozent
potentieller SPD-Wähler für eine neue Landebahn, und von den
Grünen sind 71 Prozent dagegen. Aber auch bei den Grünen
beantworteten 60 Prozent die Frage, ob die Kapazitätsausweitung des Flughafens
Arbeitsplätze schaffe, mit "Ja".
Da zugleich für 67 Prozent in Hessen die Arbeitslosigkeit das wichtigste
politische Thema ist (in anderen Ländern sogar für 80 Prozent und mehr!),
muß man sich fragen, ob die Gegner der Flughafenerweiterung nicht
versäumten, eine Alternative zur Schaffung von Arbeitsplätzen zu
benennen. So etwa eine erhebliche Reduzierung der Arbeitszeit, um eine
Wegrationalisierung eines Teils der 50000 Arbeitsplätze zu verhindern und neue
zu schaffen.
"Rot"-Grün erhielt für seine Wirtschafts- und Umweltpolitik
von 55 Prozent der Befragten Zustimmung. Mit der Arbeitsmarkt- und
Ausländerpolitik war jedoch nur ein Viertel zufrieden.
Sogar 53 Prozent von denen, die SPD wählen wollen, übten Kritik an der
Ausländerpolitik. Die CDU nutzt hier mit ihrer Propagandaschlacht gegen die
doppelte Staatsbürgerschaft eine brisante Schwachstelle der SPD aus. Fragt sich
nur ob die Asylpolitik der SPD, die Menschenjagd an den östlichen Grenzen, die
in Massenmedien verbreitete Mär von der höchsten
Kriminalitätsrate bei Ausländern, nicht der Öffentlichkeit den
Eindruck vermittelt, auch die Arbeitslosigkeit ginge auf ihr Schuldkonto.
Zwei Drittel der SPD-Anhänger und die Hälfte von den Grünen
finden übrigens auch die Verbrechensbekämpfung unbefriedigend, und 54
Prozent der Grünen sind mit der Schulpolitik ihrer Regierung
unzufrieden.
Erstaunlicherweise finden 59 Prozent der hessischen Bevölkerung es richtig,
daß die Bundesregierung aus der Atomenergie aussteigen will. Allerdings finden
41 Prozent den angepeilten Zeitpunkt von 20 Jahren "gerade richtig",
während 27 Prozent schneller und 19 Prozent langsamer vorgehen
wollen.
Im nahe gelegenen Atomkraftwerk Biblis wünschen sich jedoch 48 Prozent ein
möglichst rasches Abschalten des Reaktors, weitere 24 Prozent sind für
eine Zehnjahresfrist.
Daß der schmelzende Vorsprung von "Rot"-Grün zu einem
Regierungswechsel in Richtung CDU/FDP führt, ist es eher unwahrscheinlich.
Denn immerhin meinen nur 29 Prozent der hessischen Wahlberechtigten eine CDU-
geführte Landesregierung könne die Probleme besser lösen,
während 48 Prozent sie dazu nicht in der Lage sehen.