Artikel SoZ

SoZ SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.04 vom 18.02.1999, Seite 3

Bauernlegen in Polen

"Mit der Osterweiterung wird der Binnenmarkt um 100 Millionen Verbraucher wachsen", jubelt Agrarkommissar Fischler. Die polnischen Bauern sehen derzeit jedoch wenig Grund zum Jubeln und blockieren tagelang wichtige Hauptstraßen des Landes. Ihr Protest richtet sich gegen hochsubventionierte Produkte aus der EU, die den polnischen Markt überschwemmen.
  Zum Beispiel Schweinefleisch: die EU-Bauern steigerten 1998 ihre Produktion um 7 Prozent auf über 202 Millionen Schweine. Mit den Zuschüssen aus Brüssel können sie nicht nur die polnischen Bauern unterbieten, sondern schicken ihre Überschüsse auch noch als kostenlose "Lebensmittelhilfe" nach Rußland und zerstören damit diesen wichtigen Exportmarkt für polnische Landwirte.
  Die polnischen Bauern liegen zwar mit einem Anteil von 6,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts über dem Durchschnitt in Europa, doch dazu benötigen sie 4,3 Millionen Menschen, das sind 28 Prozent der arbeitenden Bevölkerung. Mit anderen Worten: die landwirtschaftliche Produktion in Polen ist unter EU- und Weltmarktkriterien völlig unproduktiv.
  Das weiß auch der polnische Agrarminister und will die polnische Landwirtschaft für den "freien Handel und die freie Konkurrenz" fit machen.
  Die Chancen stehen denkbar schlecht: Im Rahmen der Assozierungsabkommen mit den mittel- und osteuropäischen Staaten können Exporte aus dem Osten blockiert werden, wenn die Marktanteile von Produzenten im Westen "ernsthaft bedroht sind". Im Rahmen der Agenda 2000 sind keine dirkten Subventionen und keine garantierten Preise für Polen und die anderen Anwärter auf eine EU- Mitgliedschaft vorgesehen.
  Mit den durchrationalisierten und subventionierten Agrarbetrieben der EU kann die Landwirtschaft in Polen nicht mithalten. Im Falle eines EU-Beitritts rechnen Experten mit 2 Millionen Bauern, die in Polen aufgeben müssen.
  Gerhard Klas
 


zum Anfang