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SoZ SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.04 vom 18.02.1999, Seite 5

Metall-Tarifrunde

Schlicht Schlichtung?

Alle Tarifkommissionen der IG Metall hatten die Urabstimmung beantragt. Der IG-Metall-Vorstand genehmigte die Anträge aus den drei baden-württembergischen Tarifbezirken und stellte die übrigen zurück. Am 22. und 23.Februar würden demnach in Baden- Württemberg Urabstimmungen durchgeführt. Die Stimmung ist eindeutig: Das Ergbnis würde Streik sein. Nicht nur, weil die Kapitalseite bislang lediglich 2,3 Prozent Lohnerhöhungen angeboten hat und die Basis das vom IG-Metall- Vorsitzenden Klaus Zwickel versprochene "Ende der Bescheidenheit" einfordert. Sondern auch, weil die Unternehmers die Kollektivverträge weiter aushöhlen wollen mit dem "Vorschlag" einer Einmalzahlung von 0,5 Prozent, die je nach Ertragslage der Betriebe auch nicht gezahlt werden muß. Nun hat aber der IG-Metall-Vorstand dem neuesten Vorschlag der Arbeitgeber zu einem außertariflichen Schlichtungsverfahren mit Hans-Jochen Vogel (SPD) als Schlichter zugestimmt. Nur wenn diese Verhandlungen bis Mittwoch 24 Uhr kein Ergebnis bringen, stünden die Zeichen auf Urabstimmung und Streik.
  Wenn diese Ausgabe der SoZ erscheint, ist die Entscheidung bereits gefallen. Aus der Vergangenheit wissen wir, daß auch bei Scheitern der Schlichtung eine letzte Möglichkeit bleibt, dem Arbeitskampf aus dem Weg zu gehen (um das Bonner "Bündnis für Arbeit" zu pflegen): Das undemokratische Mittel des Spitzengesprächs in letzter Minute, dessen Ergebnis Tarifkommissionen und Mitglieder dann nur noch absegnen können.
  Wenn sich die Verhandlungsführer der IG Metall auf einen "Kompromiß" einlassen - sagen wir 3 bis 3,5 Prozent mehr Lohn statt der geforderten 6,5 Prozent - dann wird dies an der Basis zu vielen Frustrationen führen. Eine weitere Gefahr ist, daß zwar formell keine weitere Aushöhlung des Kollektivvertragssystems beschlossen wird (Prestigesache!), die Gewerkschaftsseite aber zusagt, nächstes Jahr darüber zu reden. Insgesamt würde ein lauer Kompromiß ohne breite Mobilisierung über Warnstreiks hinaus, die Gewerkschaftsbewegung und ihre Glaubwürdigkeit weiter zurückwerfen.
 


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